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Legida-Demonstration in Leipzig.

© dpa

Nach Legida und Rücktritt Bachmann: Wohin marschiert Pegida?

Die islamkritische Bewegung Pegida will sich vom Rückzug ihres Vorsitzenden Lutz Bachmann nicht beirren lassen – und auch nicht von dem völlig losgelöst agierenden Ableger Legida in Leipzig.

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Berlin - Sie war als islamkritische Bewegung gestartet, mittlerweile artikuliert sich im Namen von Pegida und anderen „Gidas“ unterschiedlichster Frust. Doch nach den Ereignissen vom Mittwochabend – dem Rücktritt des einstigen Gründers Lutz Bachmann und der Distanzierung der Dresdner Pegida von dem völlig losgelöst agierenden Ableger Legida in Leipzig – stellt sich die Frage, welcher Zukunft die Bewegung entgegenmarschiert.

Der Unterschied war am Mittwochabend deutlich geworden: Die Mitlaufenden in Leipzig sind wesentlich jünger als die in Dresden. Der Anteil von Schlägern und Rechtsextremen ist größer, der von Vermummten auch, Flecktarn-Gekleidete laufen ebenfalls mit. Die Stimmung ist aggressiver und entlud sich am Mittwochabend dann auch in Gewalt. Selbst Ordner drohten Presseleuten Dresche an.

Auf der vorangegangenen Kundgebung waren von den Demonstranten schon „Pfui“-Rufe zu hören, als Gastredner Jürgen Elsässer nur den Namen „Michel Friedman“ ins Mikrofon gesagt hatte – noch bevor er erklären konnte, was er dem Mann vorwarf. Die Gruppe der Legida-Anhänger scheint homogener zu sein als die Bewegung in Dresden. Weniger unübersichtlich in ihren vielfältigen Beschwerden an die Politik und die Medien, dafür deutlich weiter rechts und mehr auf Krawall aus. Die deutliche Ansage der Leipziger Gegendemonstranten, in ihrer Stadt unwillkommen zu sein, schien die Legida-Anhänger zusätzlich zusammenzuschweißen.

Diese Geschlossenheit könnte ein Indiz dafür sein, dass Legida noch eine ganze Zeit lang existieren wird, auch wenn Pegida sich tatsächlich davon abwenden sollte. Zumal die Demonstrationsteilnehmer am Mittwochabend einiges auf sich genommen hatten, um überhaupt zum Kundgebungsort zu gelangen. Eine Million Menschen würde bald auf diesem Platz stehen, schallte es von der Bühne. Die Summe der Redeinhalte war paradoxerweise viel weniger einheitlich als das Publikum. Gegen die CIA, für Xavier Naidoo, gegen Lehrer, die in ihren Schulklassen auf die Einhaltung von Regeln pochen. Gegen den Leipziger Oberbürgermeister, für Volksabstimmungen und für Verständnis in eigener Sache. Gegen einen der Organisatoren wurde vor einigen Monaten ein Haftbefehl zur Durchsetzung einer Vermögensauskunft erlassen. Er schuldete dem Freistaat Sachsen Geld. Das zeige nur, sagte er auf der Kundgebung, wir seien doch alle „nur Menschen“.

Doch Leipzigs Oberbürgermeister Burkhardt Jung (SPD) ist nicht gewillt, die Stadt der womöglich eskalierenden Gewalt zwischen Anhängern und Gegnern von Legida preiszugeben. Angesichts von Pöbeleien und Gewalt am Mittwochabend, bei denen etwa ein Dutzend Polizeibeamte verletzt wurden, werde für die angemeldete Kundgebung kommende Woche über Auflagen nachgedacht, sagte Jung der Deutschen Presse- Agentur. „Die Legidas haben klar die Maske fallen lassen.“ Viele Teilnehmer seien eigens zugereist, viele stammten aus der Hooligan-Szene, viele stünden wohl der NPD nahe. Das seien andere als die, die Sorgen hätten oder unzufrieden seien. „Mit Menschen, die in Angst sind – mit denen müssen wir sprechen.“

Die Dresdner Pegida-Führung hatte offenbar erkannt, dass Legida den Ruf der gesamten Bewegung gänzlich ruinieren könnte und distanzierte sich deutlich. Pegida-Sprecherin Kathrin Oertel sagte am Donnerstag dem Tagesspiegel, ob ihre Organisation eine Unterlassungsklage gegen Legida auf den Weg bringe, hänge davon ab, ob Legida die sechs Kernforderungen der Pegida-Bewegung akzeptiere und „wie alle anderen ,Gidas‘ an einem Strang zieht“. Und: „Wir wollen verhindern, dass Pegida in das rechtsextreme Spektrum abgleitet.“

Der Rücktritt des bisherigen Pegida- Vorsitzenden Bachmann wird nach Oertels Worten keinen Einfluss auf die künftige Rolle von Pegida haben. Sie zeigte sich überzeugt, dass die Arbeit der Organisation „genauso weitergeht wie bisher“. Bachmanns Rücktritt sei „die einzige mögliche Konsequenz“ gewesen, sagte sie. Über die Nachfolge an der Pegida-Spitze sei noch nicht entschieden. Der Vorstand bestehe aus zwölf gleichberechtigten Mitgliedern. Zwar sei es nach dem Vereinsrecht notwendig, einen Vorsitzenden zu wählen, doch das sei „nur eine Formsache und hat keine Bedeutung“, sagte sie.

Die nächste Pegida-Demonstration wird nach Auffassung Oertels am kommenden Montag in Dresden stattfinden. Sie habe keine gegenteiligen Informationen aus den Sicherheitsbehörden. Sie rechne mit mindestens genauso vielen Teilnehmern wie bei der letzten Demo – da waren es 25 000.

Pegida wird mit kräftigem Gegenwind rechnen müssen. So wollen zahlreiche Künstler bei einer von Bürgern initiierten Großkundgebung „Offen und bunt – Dresden für alle“ vor der Frauenkirche gegen die islamkritische Bewegung mobilmachen. Auftreten wollen unter anderem Herbert Grönemeyer, Jan-Josef Liefers, Silly, Keimzeit und Jeanette Biedermann.

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