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Richtungweisend. Bundeskanzlerin Merkel bedankt sich höflich bei Minister Friedrich für seine Arbeit. Bilder wie dieses, aufgenommen am Rand von Bundestagsdebatten, wird es so bald nicht mehr geben.

© dpa

Update

Nach Ministerrücktritt: Merkel dankt Friedrich und schweigt

Der Fall Edathy hat erste Konsequenzen: CSU-Agrarminister Hans-Peter Friedrich tritt zurück. Die Kanzlerin bedankt sich in einem kurzen Statement. Der Ärger in der Koalition dürfte jetzt erst losgehen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Freitagabend den Rücktritt von Agrarminister Hans-Peter Friedrich angenommen - ohne auf den Grund seines Rücktritts auch nur mit einem Wort einzugehen. Friedrich stelle mit diesem Schritt seine "aufrechte Haltung" unter Beweis, sagte Merkel, in dem er "politische Verantwortung unabhängig von der rechtlichen Bewertung" übernehme.

Friedrich hatte im Oktober 2013 noch in seiner Eigenschaft als damaliger Innenminister den SPD-Chef Sigmar Gabriel informiert, dass im Rahmen internationaler Ermittlungen der Name des SPD-Politikers Sebastian Edathy aufgetaucht sei. Jetzt steht der Verdacht auf Geheimnisverrat oder sogar Strafvereitelung im Raum, die Staatsanwaltschaft ist aktiv.

Die Bundeskanzlerin verabschiedete sich von Friedrich mit ausgesprochen warmen Worten. Sie sagte, sie habe "immer gerne mit Hans-Peter Friedrich zusammengearbeitet", sie wünsche ihm nun "alles Gute". Fragen ließ die Kanzlerin keine zu. Dabei gibt es im Fall Edathy, der inzwischen mindestens auch zu einem Fall Friedrich geworden ist, extrem viele. Nachdem nun der CSU-Minister zurücktreten ist, dürfte sich das Augenmerk jetzt besonders auf die SPD richten. Besonders von den Christsozialen dürfen die Sozialdemokraten dabei nicht auf Unterstützung hoffen. Der Koalition stehen weitere unruhige Zeiten bevor.

Noch kein Nachfolger für Friedrich in Sicht

Nur eine halbe Stunde vor dem Pressestatement der Kanzlerin hatte der Agrarminister selbst seinen Rücktritt erklärt - den er offenbar selbst noch gar nicht richtig realisiert hatte. "Ich komme wieder", mit diesen Worten verabschiedete sich Bundesagrarminister Hans-Peter Friedrich (CSU) von den anwesenden Journalisten. Er sei nach wie vor davon überzeugt, dass er politisch und rechtlich richtig gehandelt habe, aber der Druck sei zu stark geworden, sagte Friedrich außerdem. Am Freitagmittag hatte er schriftlich mitgeteilt, er werde sein Amt zur Verfügung stellen, wenn gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden sollte.

Wer nun Friedrich im Amt des Agrarministers nachfolgen wird, blieb unklar. Angela Merkel sagte, sie werde dazu auf Vorschläge von CSU-Chef Horst Seehofer warten. Im Gespräch waren unter anderen Dorothee Bär (CSU), Staatssekretärin im Verkehrsministerium, oder die Drogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU).

Nach Angaben der Berliner Staatsanwaltschaft wird geprüft, ob Friedrich im Oktober 2013 Dienstgeheimnisse verraten hat. Die Staatsanwaltschaft in Hannover hatte am Freitag erstmals bestätigt, dass gegen Edathy wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornografischen Materials ermittelt wird. Edathy soll aber unter der Schwelle der Strafbarkeit geblieben sein.

Am Vormittag hatte Friedrich noch erklärt, vorerst im Amt bleiben zu wollen. Die Opposition hielt Friedrich vor, mit der Weitergabe von Informationen über Ermittlungen zu Sebastian Edathy an Sigmar Gabriel Dienstgeheimnisse gebrochen zu haben.

Verdacht auf Strafvereitelung oder Geheimnisverrat

Laut Paragraph 258 des Strafgesetzbuches begeht eine Strafvereitelung, wer „absichtlich oder wissentlich“ verhindert, dass ein Straftäter seiner gesetzlichen Strafe unterworfen wird. Es droht eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Strafvereitelung im Amt ist im Kern dasselbe. Hier ist nach Paragraph 258a allerdings nur „in minder schweren Fällen“ noch eine Geldstrafe möglich. Ansonsten liegt der Strafrahmen bei mindestens sechs Monaten bis ebenfalls fünf Jahren Haft. Das Strafmaß darf hier sogar höher sein als das für die Ausgangstat.

Diese Sonderregelungen greifen, wenn Amtsträger im Strafverfahren oder bei der Vollstreckung mitwirken und diese Funktion nutzen, um die Bestrafung eines Täters zu verhindern. Dabei kann schon reine Untätigkeit zur Strafvereitelung führen, etwa wenn Staatsanwälte nicht richtig ermitteln oder Polizisten einen Verdächtigen nicht festnehmen. Im Fall Edathy könnten die Informationen Friedrichs womöglich dazu geführt haben, dass Edathy rechtzeitig vor den anstehenden Durchsuchungen gewarnt wurde.
Auch der Vorwurf des Geheimnisverrats wurde im Zusammenhang mit Friedrich genannt. Für die „Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht“ sieht Paragraph 353b des Strafgesetzbuch ebenfalls einen Strafrahmen von Geldstrafen bis fünf Jahre Haft vor. Voraussetzung ist allerdings, dass der Täter "wichtige öffentliche Interessen gefährdet" hat. (mit AFP/dpa/rtr)

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