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Nach Mord an James Foley: Großbritanniens Furcht vor „John“

Der Mörder des US-Journalisten James Foley stammt vermutlich aus Großbritannien, spricht Londoner Akzent. Wie reagiert das Land auf die Informationen und wie geht es mit Terroristen aus der eigenen Mitte um?

David Cameron hat seinen Urlaub in Cornwall nach zweitägiger Unterbrechung wieder aufgenommen. Änderungen der politischen Strategie seien vorerst nicht notwendig, entschied der Premier. Aber der Schock nach der Hinrichtung des Amerikaners James Foley, vermutlich durch einen Briten mit Londoner Akzent und dem Spitznamen „John“, sitzt tief. England, so das Versprechen, werde alles tun, um den „Islamic State“-Terroristen das Handwerk zu legen.

Die Medien sind "John" auf der Spur

Britische Geheimdienste suchen inzwischen nach „Dschihadist John“, dem Mörder Foleys. Zeitungen glauben ihm schon auf der Spur zu sein. Die „Daily Mail“ schreibt von einem britischen Doktor namens Shajul Islam, der wegen seiner Aktivitäten in Syrien vor Gericht stand, aber freigesprochen wurde. Sein jüngerer Bruder Rajul kämpfe mutmaßlich bei der IS und stünde in Verbindung mit „John“.

Massenexport von Dschihadisten

Dass Großbritannien zum Massenexporteur von Dschihadisten geworden ist, schockiert das Land, überrascht aber nicht. Gerade mal ein Jahr ist es her, dass zwei hausgemachte Dschihadisten den Soldaten Lee Rigby in London auf offener Straße niedermetzelten. Ein 41-jähriger Familienvater aus Crawley, Abdul Waheed Majid, sprengte sich bei einer Attacke auf ein syrisches Gefängnis in die Luft. Vor ein paar Wochen ging das Bild des 23-jährigen Muslim-Rappers Abdel-Majed Abdel Bary durch die Zeitungen: Er stellte bei Twitter ein Bild ein, auf dem er einen abgeschlagenen Kopf in der Hand hält. Fast alltäglich sind Geschichten wie diejenige der Brüder Nasser und Aseel Muthana, 20 und 17 Jahre alt, die in Cardiff von einem Hassprediger radikalisiert wurden und ohne Wissen ihrer Eltern nach Syrien auswanderten.

Auch Kinder aus gutem Hause verschwinden

Das Verschwinden der Kinder aus bürgerlichem Hause mit exzellenten Karriereaussichten und die Verzweiflung der Eltern gab den Briten Rätsel auf. Nun schrieb Nasser Muthana bewundernd über seinen Dschihadisten Kollegen „John“: „Ihr könnt unsere Taten grausam nennen, aber könnt ihr uns Feiglinge nennen? Unsere Männer lieben den Tod so wie ihr das Leben liebt. Sie werden euch mit Bombengürteln angreifen“. Britische Dschihadisten gehören laut Shiraz Maher vom Studienzentrum für Radikalismus am King’s College London zu den „grausamsten und lautstärksten“. Mit Intelligenz, Fanatismus und Grausamkeit haben sie sich von Fußsoldaten zu ranghohen Kämpfern bei IS „hochgearbeitet“.

Angst vor den Rückkehrern

Etwa 500 bis 800 Briten haben sich syrischen Rebellen und IS angeschlossen – 4000 Briten kämpften in Afghanistan. Außenminister Philip Hammond nannte diese Zahl als einen der Hauptgründe, warum die Situation im Irak auch eine „direkte Bedrohung der britischen nationalen Sicherheit“ sei. Er bezeichnete die Foley-Hinrichtung als „Kriegserklärung an den Westen“. Die Angst vor fanatisierten Rückkehrern, die zu allem bereit sind, ist groß. Über 20 Rückkehrer wurden an den Grenzen abgefangen und vor Gericht gestellt. Dutzenden wurde der Pass abgenommen.

Gegenpropaganda im Netz

Untersuchungen der Radikalismusforscher vom King’s College ergeben ein diffuses Bild: Die Dschihadisten kommen aus allen Kreisen, allen muslimischen Herkunftsländern, allen Bildungsstufen. Motiviert wurden sie weniger von Hasspredigern, als von Bildern der Grausamkeiten der syrischen Regierung. Wie alle Teenager wollen sie auf Facebook und Twitter cool aussehen und ihre Freunde beeindrucken. Deshalb wollen die Ermittler auch die „Gegenpropaganda“ in den sozialen Netzwerken ausbauen. Seit zehn Jahren gibt Großbritannien viel Geld aus, um die Radikalisierung junger Muslime zu verhindern. Muslimische Verbände arbeiten offensiver als je gegen Radikalisierung in ihren Reihen. Die Regierung prüft eine Verschärfung der Gesetze: Gruppen, die die „Demokratie untergraben“ oder „Hassreden“ halten, könnten verboten werden. Großbritanniens liberale Ideen sind herausgefordert.

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