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Der Landtag in Dresden als Schutzraum für rechtsextremistische Demonstranten - die Opposition ist empört.

© Marc Dietzschkau/SPD-Landtagsfraktion Sachsen

Nach NPD-Demo in Dresden: Rechtsextremisten flüchten in sächsischen Landtag

Das ist Sachsen: NPD-Anhänger suchen Zuflucht im Landtag - und die Polizei geht mit Pfefferspray gegen Gegendemonstranten vor. Die Oppositionsfraktionen Linke, SPD und Grüne sind empört.

Von Matthias Meisner

Im Anschluss an eine Kundgebung der rechtsextremen NPD ist es am Dienstagabend in Dresden zu einem Zwischenfall gekommen. Nach Abschluss der Veranstaltung vor dem Haus der Presse flüchteten etwa 40 NPD-Mitglieder und -Anhänger vor rund 100 Gegendemonstranten in den nahe gelegenen Sächsischen Landtag. Beim Versuch, die Lager zu trennen, setzte die Polizei Pfefferspray ein. Von mehreren Personen seien die Personalien festgestellt worden, sagte ein Sprecher. Festnahmen habe es nicht gegeben.

Die zeitweilige Unterbringung der Rechtsextremen sei in Absprache mit dem Landtag erfolgt, in dem die NPD über Fraktionsräume verfügt. Der SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Martin Dulig sprach von einem unglaublichen Vorgang. "Da werden Feinde der Demokratie in das Haus der Demokratie gelassen", sagte er nach Worten seiner Sprecherin. Die Lage beruhigte sich nach etwa einer Stunde. Die letzten Rechtsextremen verließen das Landtagsgebäude gegen 21.30 Uhr.

"Wie bitte? Nazis wurden nach ihrer Minikundgebung in #Dresden durch die Polizei in den #Landtag eskortiert? Was soll das?", schrieb der Geschäftsführer der Grünen in Sachsen, Till Käbsch, im Kurznachrichtendienst Twitter. Landtagspräsident in Sachsen ist Matthias Rößler (CDU), früherer Kultus- sowie Wissenschaftsminister. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Johannes Lichdi twitterte: "Dem Recht der stärksten Fraktion @CDU_SLT den Präsidenten #saxlt zu stellen, entspricht die Pflicht, eine geeignete Person zu benennen."

Ein Sprecher der NPD Sachsen behauptete, ein Fraktionsmitarbeiter der SPD habe "Antifa-Krawallos" auf den Landtagsvorplatz gelotst und so den Pfefferspray-Einsatz gegen die Gegendemonstranten notwendig gemacht.

Die Abgeordneten von Linkspartei, SPD und Grünen verlassen am Mittwoch aus Protest die Landtagssitzung
Die Abgeordneten von Linkspartei, SPD und Grünen verlassen am Mittwoch aus Protest die Landtagssitzung

© dpa

Linke, SPD und Grüne beteiligten sich am Mittwoch aus Protest nicht an der Landtagsdebatte über die Regierungserklärung des stellvertretenden Ministerpräsidenten und Wirtschaftsministers Sven Morlok (FDP). "In einem Landtag, dessen Präsident Nazis Asyl im Parlamentsgebäude gewährt, können wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen", erklärte Linksfraktionschef Rico Gebhardt. "Wir lassen uns nicht zum Lakaien des Landtagspräsidenten machen." Dass Rechtsextremisten ins Landtagsgebäude flüchten konnten, nannte er "ungeheuerlich". Der Ruf Dresdens als weltoffene Stadt werde so in Mitleidenschaft gezogen, erklärte der Linken-Politiker.

Die NPD ist in Sachsen seit 2004 im Landtag vertreten, bei der Wahl 2009 kam sie auf 5,6 Prozent. Am 31. August finden die nächsten Landtagswahlen statt. Laut Umfragen wird die rechtsextremistische Partei dann an der Fünfprozenthürde scheitern, während der rechtspopulistischen AfD ein Einzug in das Dresdner Landesparlament vorausgesagt wird. CDU-Fraktionschef Steffen Flath hat Bündnisse mit NPD und Linkspartei nach der Wahl definitiv ausgeschlossen, nicht jedoch eine Zusammenarbeit mit der AfD. (mit dpa)

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