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In Bernburg wurde ein Türke fast zu Tode geprügelt.

© dpa

Nach rechtsextremistischen Angriff in Bernburg: Staatsanwalt will höhere Strafen

Das umstrittene Urteil des Landgerichts Magdeburg zu einem beinahe tödlichen Angriff von Rechtsextremisten auf einen Türken in Bernburg hat möglicherweise keinen Bestand. Die Staatsanwaltschaft und der Anwalt des Opfers haben nach Informationen des Tagesspiegels Revision eingelegt.

Von Frank Jansen

Die Erste Große Strafkammer hatte vor einer Woche, wie berichtet, vier Rechtsextremisten wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu Haftstrafen zwischen fünf und acht Jahren und zwei Monaten verurteilt. Fünf weitere Angeklagte wurden freigesprochen. Die Gruppe hatte am 21. September 2013 im Bahnhof von Bernburg den türkischen Betreiber eines Imbisses so schwer misshandelt, dass der Mann lebensgefährliche Kopfverletzungen und vermutlich bleibende Schäden erlitt.

Die Argumentation des Gerichts habe nicht überzeugt, sagte am Freitag ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die Behörde kritisiert die Freisprüche und hält bei den verurteilten Angeklagten höhere Strafen für notwendig. Der Berliner Anwalt des Türken, Sebastian Scharmer, will vor allem erreichen, dass die Tat als versuchter Mord gewertet wird. Bei dem Angriff war der Türke aus der Gruppe heraus mit rassistischen Sprüchen wie „Scheiß Ausländer“ beleidigt worden. Seine deutsche Freundin beleidigten die Schläger als „Türken-Schlampe“. Dennoch sah die Staatsanwaltschaft die rechtsextreme Gesinnung der Täter nicht als zentrales Motiv. Dagegen hatte Scharmer schon vor Beginn des Prozesses scharf protestiert.

Die Richter erteilten dann den Verfahrensbeteiligten den rechtlichen Hinweis, es komme eine Verurteilung wegen versuchten Mordes in Betracht, sollte Ausländerhass als „leitendes Motiv“ nachzuweisen sein. Im Urteil sagte die Kammer jedoch, die Tat sei auch ausländerfeindlich motiviert gewesen, doch handele es sich beim Angriff nur um versuchten Totschlag, da der Türke zu einem Knüppel gegriffen habe. Mehrere Angeklagte hatten behauptet, der Mann habe sie attackiert. Den Richterspruch bezeichneten die Anwälte der Nebenklage kurz nach der Verkündung als „wirr“.

Da die Revision für den Türken ein enormes Kostenrisiko bedeutet, bittet die Magdeburger „Mobile Beratung für Opfer rechter Gewalt“ um Spenden. Die Beratungsstelle ist Teil des Vereins „Miteinander e.V.“. Im Falle einer erfolgreichen Revision sollen die Spenden dem Betroffenen zugute kommen. (Kontoinhaber: Miteinander e.V., Bank für Sozialwirtschaft Magdeburg, IBAN: DE84 8102 0500 0008 4734 01 SWIFT / BIC: BFSWDE33MAG Verwendungszweck: Bernburg/Revision)

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