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Politik: Nach Südafghanistan nur im Notfall

Deutschland macht beim Nato-Gipfel keine weiteren Zusagen / Bündnis installiert „Kontaktgruppe“

Angela Merkel blieb unnachgiebig: Beim Nato-Gipfel in Riga bekräftigte die Bundeskanzlerin ihre Vorbehalte gegen eine Verlegung von Bundeswehreinheiten in den umkämpften Süden Afghanistans. Zwar verpflichteten sich beim Gipfel nach Aussage von Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer alle 26 Mitgliedstaaten formell dazu, „sich im Notfall gegenseitig zur Hilfe zu kommen“. Angela Merkel bekräftigte jedoch, man müsse auch künftig klar zwischen der Isaf-Schutztruppe, die den zivilen Aufbau sichern soll, und den US-geführten Kampftruppen unterscheiden.

Bindende Verpflichtungen ging in Riga keines der 26 Mitgliedsländer ein, obwohl US-Präsident George W. Bush und Nato-Generalsekretär de Hoop Scheffer für ein stärkeres Engagement zur Stabilisierung Afghanistans warben. Der Generalsekretär fordert aber nicht nur zusätzliche Truppen für den Süden, er kritisiert vor allem die nationalen Einsatzbeschränkungen für die internationale Schutztruppe Isaf, da sie „den Kommandeuren Flexibilität nehmen und unsere Einsatzfähigkeit untergraben“. Offenbar haben einige Mitgliedstaaten inzwischen in Aussicht gestellt, bestimmte Einsatzvorbehalte aufzuheben. Obwohl die Details in Riga offen blieben, sprach der Nato-Oberkommandierende General James Jones von „deutlichen Fortschritten“.

Deutschland ist zwar nach wie vor nicht bereit, Isaf-Einheiten in den umkämpften Süden des Landes zu verlegen. Im Notfall könnten jedoch im Rahmen des vom Bundestag erteilten Mandats für „Enduring Freedom“ bis zu 100 Soldaten der Spezialkräfte für Kampfeinsätze im Süden eingesetzt werden.

Unterdessen fordern mehrere europäische Nato-Mitgliedstaaten, die Organisation müsse verstärkt über eine neue Strategie für Afghanistan nachdenken und dem zivilen Aufbau auch im Süden mehr Gewicht geben. In Riga war man sich einig, dass die Zusammenarbeit zwischen Isaf und den zivilen Organisationen von den UN bis zur EU verbessert werden muss. „Die Diskussion ist ein gutes Stück vorangekommen“, sagte Angela Merkel nach Abschluss des Gipfels. Die 26 Staats- und Regierungschefs stimmten dem Vorschlag des französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac zu, als politisches Forum der Problemlösung eine „Kontaktgruppe“ zu bilden, in der alle politischen und zivilen Kräfte vertreten sein sollen, die für die Stabilität und den Aufbau Afghanistans von Bedeutung sind.

In Anspielung auf einen bekannten Spielfilm sagte Nato-Generalsekretär Scheffer: „Afghanistan ist für uns eine Mission possible.“ Er warnte vor Schwarzseherei. „Wir dürfen nicht überdramatisieren und ein Scheitern herbeireden.“ Gleichzeitig deutete er mögliche Schritte zum langsamen Truppenabzug an. Er habe die Hoffnung, sagte Scheffer, dass die Allianz die Sicherheit Afghanistans von 2008 an schrittweise in die Hände einheimischer Kräfte legen könne.

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