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Nach Vernehmung: Syrischer Innenminister begeht Selbstmord

Der syrische Innenminister Ghasi Kanaan hat am Mittwoch in seinem Büro in Damaskus Selbstmord begangen. Kanaan war vor drei Wochen im Mordfall Hariri vernommen worden.

Damaskus/Kairo - Nach Angaben der Regierung in Damaskus erschoss sich der 63-jährige General am Mittwoch in seinem Büro. Ein Krankenhausarzt sagte: «Er starb durch eine Kugel, die im Gaumen einschlug und durch den Hinterkopf austrat. Er lebte noch, als er in die Klinik gebracht wurde, konnte aber nicht gerettet werden.» Kanaan war von dem deutschen Oberstaatsanwalt Detlev Mehlis im September zu dem Attentat auf Hariri befragt worden. Mehlis ermittelt im Auftrag der Vereinten Nationen. Kanaan war früher Chef des syrischen Geheimdienstes in Libanon.

Die arabische Zeitung «Al-Hayat» schrieb am Mittwoch unter Berufung auf westliche Diplomaten, Mehlis werde in seinem Bericht über den Mordfall Hariri neben den bereits inhaftierten früheren libanesischen Geheimdienstchefs auch Angehörige des syrischen Sicherheitsapparates als mögliche Tatverdächtige benennen. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es nicht. Die Vorlage des Untersuchungsberichts wird am 25. Oktober erwartet.

Wenige Stunden vor seinem Tod hatte der syrische Innenminister dem christlichen libanesischen Radiosender Voice of Lebanon ein Interview gegeben. Darin wehrte er sich gegen Vorwürfe, die zuvor in den libanesischen Medien gegen ihn erhoben worden waren. Diese hatten ihn als korrupten Drogenboss bezeichnet. In dem Interview sagte er, dies werde wohl «seine letzte Erklärung» sein, die er abgeben werde.

In einem Interview des US-Nachrichtensenders CNN sagte der syrische Staatschef Baschar al-Assad unterdessen, Syrien sei nicht in den Mordfall verwickelt. Kanaan habe den Mord unmöglich in Auftrag geben können, sagte Assad der CNN-Chefkorrespondentin Christiane Amanpour. Falls die UN-Untersuchung ergeben sollte, dass Syrer an der Bluttat beteiligt waren, würden diese in Syrien als Verräter gelten; sie würden des Landesverrats angeklagt und vor syrische oder internationale Gerichte gestellt.

Der syrische Informationsminister Mahdi Dachlallah schloss aus, dass Kanaan umgebracht wurde. Die Stabilität Syriens sei durch den Selbstmord nicht bedroht, fügte er hinzu. Auf die Frage, ob er einen Zusammenhang zwischen dem Tod seines Kabinettskollegen und den Ermittlungen des UN-Teams zum Hariri-Mord sehe, antwortete er: «Diese Beschuldigungen kommen von den Feinden Syriens».

Der Hariri-Mord im Februar hatte in Libanon zu einer anti-syrische Kampagne geführt. Auf Druck der Vereinten Nationen sahen sich die Syrer schließlich im vergangenen April gezwungen, ihren Geheimdienst und die restlichen Truppen abzuziehen, die seit dem Bürgerkrieg in Libanon stationiert waren.

Die USA hatten im Sommer die Konten Kanaans eingefroren. Zur Begründung hieß es, er sei an illegalen Geschäften in Libanon beteiligt gewesen. «Die libanesischen Medien sind schuld an dem psychologischen Druck, dem Kanaan in der letzten Zeit ausgesetzt war», sagte Nabil Samman, ein politischer Beobachter aus Syrien. Kanaan habe außerdem darunter gelitten, dass sich führende libanesische Politiker, mit denen er einst gute Beziehungen gepflegt habe, plötzlich gegen ihn gewandt hätten. (tso/dpa)

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