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„Einen finanziellen Ausgleich wird es in jedem Fall geben“: Nachdem der NSU-Prozess verschoben wurde, sagte Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) den Nebenklägern am Dienstag Entschädigungen zu.

© dpa/picture alliance

Update

Nach Verschiebung des NSU-Prozesses: Merk sagt Nebenklägern finanzielle Entschädigung zu

Nachdem Nebenkläger wegen der Verschiebung des NSU-Prozesses Entschädigung forderten, sagte Bayerns Justizministerin Merk ihnen am Dienstag finanziellen Ausgleich zu. Andrea Titz, neue Sprecherin des OLG München, verteidigte die Entscheidung, den NSU-Prozess zu verschieben.

Von Frank Jansen

Vor dem Eingang steht ein großes Zelt, gelbe Absperrgitter lehnen aufgereiht aneinander, Kamerateams filmen ein paar Passanten  – am Tag nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts, den NSU-Prozess zu verschieben, wirkt der Platz am Münchener Justizpalast wie die Kulisse für einen Film, der dann doch nicht gedreht wird. Die neue, zusätzliche Sprecherin des OLG, Andrea Titz, kommt jedoch für die wenigen Journalisten vorbei und gibt Auskunft. Titz verteidigt das Vorgehen des 6. Strafsenats, den für diesen Mittwoch geplanten Start der Hauptverhandlung auf den 6. Mai zu verlegen und das Verfahren zur Vergabe von Sitzplätzen an Medien zu wiederholen. „Der Strafsenat wollte vermeiden, dass der Prozess unter dem Damoklesschwert beginnt, die Akkreditierung der Journalisten werde noch mal angefochten“, sagt Titz. Der Ton ist freundlich, aber auch fest.

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) sagte indes den Nebenklägern nach der Verschiebung des NSU-Prozesses Entschädigungen zu. Sie bedauere die Verlegung des NSU-Verfahrens wegen der Konsequenzen für die Opfer, erklärte Merk am Dienstag. „Einen finanziellen Ausgleich wird es in jedem Fall geben.“ Der Ausgleich werde aus dem Justizhaushalt gezahlt.

Viele Nebenkläger hatten nach Angaben ihrer Anwälte Fahrkarten oder Flüge für den ursprünglich am Mittwoch geplanten Prozessbeginn gekauft und teils auch Hotels reserviert oder Urlaub genommen. Der Senat hatte das Verfahren aber nach wochenlangem Streit um die Presseplätze am Montag überraschend um knapp drei Wochen verschoben.

Merk betonte, die in richterlicher Unabhängigkeit getroffene Entscheidung sei zu akzeptieren. „Sie bedeutet aber für viele der Opfer zusätzliche Belastungen.“ Wichtig sei nun, dass die Opfer und ihre Angehörigen hinreichend informiert würden und ihnen Hilfe bei Bewältigung der finanziellen Folgen der Entscheidung angeboten werde.

Aufgrund der „Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts“ habe der Senat entschieden, ein neues Akkreditierungsverfahren sei die einzig faire Lösung, sagt Sprecherin Titz. Die Richter in Karlsruhe hatten vergangene Woche dem Antrag der türkischen Zeitung „Sabah“ auf eine einstweilige Anordnung gegen die Sitzplatzvergabe teilweise stattgegeben. Die „Sabah“ und weitere türkische Medien hatten beim Akkreditierungsverfahren im März keinen reservierten Sitzplatz für den Prozess bekommen.

Den Einwand, die Karlsruher Richter hätten dem OLG nur aufgegeben, mindestens drei Plätze für ausländische Journalisten  zu reservieren, deren Landsleute vom NSU ermordet oder verletzt worden sind, lässt Titz nicht gelten. Das Bundesverfassungsgericht habe auch die Möglichkeit genannt, das Akkreditierungsverfahren zu wiederholen und dies dem Ermessen des Strafsenats überlassen. Eine andere Lösung als eine erneute Sitzplatzvergabe „hätte auch wieder Konflikte hervorgerufen“.

Auf die Frage, wie das OLG mit der in Medien geäußerten Kritik umgehe, der Fehlstart des Prozesses sei eine Blamage, äußert Titz vorsichtig Verständnis. „Natürlich hat die Sache eine Entwicklung genommen, dass man den Eindruck hat, es geht nur noch um Überlegungen im Vorfeld“, sagt sie. Das Wort Blamage weist sie nicht zurück.

Der Strafsenat werde vermutlich noch an diesem Dienstag die Modalitäten des neuen Akkreditierungsverfahrens bekanntgeben, kündigt Titz an. Details wisse sie nicht. Die Sprecherin kann auch nicht sagen, ob der Senat nun doch darüber nachdenkt, eine Übertragung des Prozesses per Video in einen Nebenraum zuzulassen. Der Präsident des OLG, Karl Huber, hat eine Prozessdauer von mehr als zwei Jahren prophezeit. (mit dpa)

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