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Der russische Oppositionsführer Alexej Nawalny vor Gericht.

© Moscow City Court/AP/dpa

Update

Nach Verurteilung Nawalnys: EU diskutiert noch im Februar über Sanktionen gegen Russland

Grünen-Politiker Jürgen Trittin fordert, das Vermögen von russischen Eliten zu beschlagnahmen. Der Kreml betont, dass er auf ausländische Kritik nicht reagiert.

Die EU-Staaten wollen nach der Verurteilung des Kremlkritikers Alexej Nawalny über mögliche neue Sanktionen gegen Russland beraten. Bei einem Außenministertreffen am 22. Februar werde man die Auswirkungen der jüngsten Entwicklungen und mögliche weitere Maßnahmen erörtern, heißt es in einer am Mittwoch in Brüssel veröffentlichten Erklärung.

Die Entscheidung der russischen Behörden, Nawalny zu verurteilen, sei politisch motiviert und stehe im Widerspruch zu den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen Russlands. Die EU verurteile die Entscheidung und halte sie für inakzeptabel.

Die EU verwies dabei auch darauf, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bereits 2017 festgestellt hatte, dass die Verurteilung Nawalnys willkürlich und offensichtlich unangemessen war.

„Die EU wiederholt ihre Forderung nach der sofortigen und bedingungslosen Freilassung von Herrn Nawalny sowie all jener Bürger und Journalisten, die festgenommen wurden, weil sie von ihrem Recht auf friedliche Versammlung und freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht haben“, heißt es in der Erklärung weiter.

Grünen-Politiker Jürgen Trittin, der Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und Stellvertretender Vorsitzender der Deutsch-Russischen Parlamentariergruppe ist, forderte eine zeitnahe Reaktion: "Wir werden mit einer Reaktion auf Nawalny nicht bis Oktober und das Jahresende warten können", sagte er dem Tagesspiegel.

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Dabei sieht er den Baustopp der Gaspipeline Nord Stream 2 nicht als erste Option. Vielmehr sollte das Vermögen, das russische Eliten durch Korruption in die EU geschafft hätten, beschlagnahmt werden.

Die Betroffenen sollten dann nachweisen, dass sie das Geld legal erworben hätten. "Das hat mehr Wirkung, als für ein nach europäischen Recht genehmigtes Projekt Schadensersatz leisten zu müssen, möglicherweise sogar an Gazprom. Diese Pipeline ist schon vor dem Schauprozess gegen Alexey Navalny aus ökologischen Gründen falsch gewesen", sagte Trittin dem Tagesspiegel.

Jürgen Trittin fordert nicht nur einen Baustopp von Nord Stream 2. B
Jürgen Trittin fordert nicht nur einen Baustopp von Nord Stream 2. B

© picture alliance/dpa

Russland hat sich unterdessen erneut eine Einmischung in innere Angelegenheiten verbeten. „Wir beabsichtigen nicht, solchen Erklärungen bezüglich der Anwendung unserer Gesetze gegenüber denen, die sie verletzen, sowie bezüglich der Urteile unseres russischen Gerichts Beachtung zu schenken“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge am Donnerstag. „Wir sind bereit, diese Themen zu erläutern, aber wir sind nicht bereit, sie mit irgendjemandem zu diskutieren.“

Der Kremlsprecher verteidigte außerdem das harte Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten, die Nawalnys Freilassung gefordert hatten. „Es gibt keinerlei Repressionen“, sagte Peskow. „Es gibt Maßnahmen, die von der Polizei im Zusammenhang mit Gesetzesbrechern ergriffen werden.“ Nach dem Richterspruch hatte es vor allem in der Hauptstadt Moskau und in St. Petersburg am Dienstagabend spontane Massenproteste mit teils massiver Polizeigewalt und Verletzten gegeben.

Bürgerrechtler sprachen von mehr als 1400 Festnahmen. Bereits am vergangenen Sonntag waren demnach landesweit rund 5700 Menschen in Polizeigewahrsam gekommen - das sind innerhalb von nur zwei Tagen 7000 Festnahmen. Laut Kreml wurden mancherorts so viele Demonstranten festgenommen, dass die jeweiligen Haftanstalten überfüllt seien.

Nawalny zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt

Nawalny war am Dienstag zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil er aus Sicht der Richterin mehrfach gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren von 2014 verstoßen hat. Ihm werden aber ein mehrmonatiger Hausarrest und Haftzeiten angerechnet, so dass seine Anwälte von zwei Jahren und acht Monaten im Straflager ausgehen. Er käme damit im Oktober 2023 wieder frei.

Der Oppositionspolitiker hatte sich im Januar zur Rückkehr in seine Heimat entschieden, obwohl er dort im vergangenen August Opfer eines Anschlags mit dem als Chemiewaffe verbotenen Nervengift Nowitschok geworden war. Er war dann bei seiner Ankunft festgenommen worden.

Wegen der Inhaftierung Nawalnys gibt es in der EU bereits seit dem vergangenen Monat Forderungen nach weiteren EU-Sanktionen gegen Russland. Wegen des Anschlags auf Nawalny, der danach in Deutschland behandelt wurde, hatte die EU bereits im vergangenen Jahr Einreise- und Vermögenssperren gegen mutmaßliche Verantwortliche aus dem Umfeld von Präsident Wladimir Putin verhängt. In Brüssel wird davon ausgegangen, dass staatliche Stellen in Russland hinter dem Attentat stehen. (dpa/Tsp)

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