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Zwei Wahlverlierer: Rainer Brüderle (li.) und Stefan Mappus.

© dpa

Nach Wahldesaster: Mappus und Brüderle ziehen die Konsequenzen

Nach dem Wahldebakel der CDU in Baden-Württemberg stellt der bisherige Ministerpräsident Stefan Mappus sein Amt als CDU-Landesvorsitzender zur Verfügung. Konsequenzen zieht auch Wirtschaftsminister Brüderle.

Der für Herbst geplante Landesparteitag solle für die Neuwahl auf den Mai vorgezogen werden, erklärte Stefan Mappus (CDU) am Montagabend vor einer Präsidiumssitzung des Landesverbandes in Stuttgart. Er wolle den Gremien nun mehrere personelle und inhaltliche Vorschläge für die Neuausrichtung der Partei unterbreiten.

In Baden-Württemberg hatte sich bei der Wahl eine grün-rote Mehrheit durchsetzen können. “Nun ist es mir sehr wichtig, die Partei optimal aufzustellen, damit sie nach spätestens fünf Jahren konstruktiver Oppositionsarbeit wieder kraftvoll Regierungsverantwortung übernehmen kann“, erklärte Mappus. Er kündigt an, er wolle sein Landtagsmandat wahrnehmen.

Vor einer Sitzung des CDU-Landespräsidiums kündigte der Unions-Fraktionsvorsitzende Peter Hauk an, er werde sich am Dienstag zur Wiederwahl stellen. Von einem Gegenkandidaten oder einer Gegenkandidatin sei ihm nichts bekannt.

Rückzug von Brüderle

Auch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle zieht die Konsequenzen aus dem schwachen Abschneiden seiner Partei bei der gestrigen Landtagswahl und gibt sein Amt als FDP-Landesvorsitzender in Rheinland-Pfalz auf. Er werde den Vorsitz auf einem Sonderparteitag des Landesverbandes am 7. Mai zur Verfügung stellen, sagte Brüderle bei einer Sitzung der FDP Gremien am Montagabend in Mainz.

Brüderle will trotz seines Rückzugs Wirtschaftsminister bleiben, auch Stefan Mappus will in der Politik aktiv bleiben und sein Abgeordnetenmandat behalten.

Baden-Württemberg steuert nach dem Wahlsonntag auf die erste grün-rote Landesregierung in der Geschichte der Bundesrepublik zu. Die CDU wurde zwar stärkste Partei mit 39,0 Prozent. Aufgrund der Schwäche der FDP (5,3 Prozent) reicht es aber nicht zur Neuauflage von Schwarz-Gelb. Zweitstärkste Kraft wurden die Grünen mit 24,2 Prozent, die nun mit Winfried Kretschmann den Ministerpräsidenten stellen können. Die SPD wird mit 23,1 Prozent Juniorpartner der Grünen. Die Linke verfehlte mit 2,8 Prozent den Einzug in den Landtag.

In Rheinland-Pfalz wird es sogar nur ein Drei-Parteien-Parlament geben. Hier rettete die SPD mit 35,7 Prozent einen knappen Vorsprung vor der CDU mit 35,2 Prozent. Die Grünen verdreifachten ihren Stimmenanteil auf 15,4 Prozent und werden wohl Regierungspartner der SPD. Die FDP mit 4,2 Prozent flog aus dem Landtag, die Linken mit 3,0 Prozent verpassten den Einzug dorthin.

Merkel macht weiter wie bisher

Kanzlerin Merkel nannte den Wahlausgang im Südwesten „sehr schmerzlich“ für die CDU im Land und im Bund. Sie habe aber keine Anzeichen dafür und von ihrer Seite auch keine Absichten, ihr Kabinett umzubilden. Baden-Württembergs CDU strebt laut Mappus einen inhaltlichen und personellen Neubeginn an, am Abend kündigte er den Rückzug vom Landesvorsitz an. Nachfolgerin könnte die bisherige Umweltministerin Tanja Gönner werden. Sie sagte am Abend: „Wenn es um entscheidende Fragen geht, werde ich mich nicht der Verantwortung entziehen.“ Die endgültigen Entscheidungen lägen jedoch bei der Partei. Der für den Herbst geplante Landesparteitag wird auf Mai vorgezogen. Mappus will sein Mandat behalten. Er wolle den Wählerauftrag „sehr gerne“ annehmen, um die Interessen seines Wahlkreises Pforzheim im Parlament vertreten zu können.

Erfreut zeigte sich Merkel über das Abschneiden der CDU in Rheinland-Pfalz. Deren CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner warb bei den Grünen für ein schwarz-grünes Bündnis, um eine „verbrauchte SPD-Regierung“ abzulösen.

Persönliche Kritik an Merkel gab es am Montag nur vereinzelt. In der CDU blieb die Klage des Vorsitzenden der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung von CDU/CSU (MIT), Josef Schlarmann, über einen taktisch orientierten Regierungsstil eine Einzelmeinung.

Vereinzelte kritische Stimmen gegen Merkel aus der CSU bügelte Parteichef Horst Seehofer in München ab. „Wir stehen zur Bundeskanzlerin“, machte Seehofer klar.

FDP stehen „muntere“ Personaldebatten bevor

In der FDP brachen hingegen Personaldebatten erneut auf. FDP-Chef Guido Westerwelle kündigte an, dass über das künftige Team bis zum „Parteitag der Entscheidungen“ im Mai beraten wird. Westerwelle warnte aber vor übereilten Entscheidungen, diese dienten nur als „Blitzableiter“.

Angesichts des Wahldesasters stehen besonders Bundestagsfraktionschefin Birgit Homburger sowie die Parteivizechefs Rainer Brüderle und Cornelia Pieper unter Beschuss. Alle drei sind auch die Chefs der glücklosen Landesverbände. Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki, der in der „Leipziger Volkszeitung“ insbesondere Homburger scharf angriff, kündigte „muntere Debatten“ an. Die Jungen Liberalen forderten von Brüderle und Pieper Konsequenzen. Brüderle kündigte in Mainz an, er werde den FDP-Landesvorsitz auf einem Sonderparteitag des Landesverbandes am 7. Mai zur Verfügung stellen.

Neue Verantwortung für die Grünen

Die Bundesspitze der Grünen wertete den Wahlausgang in Baden-Württemberg als Zäsur und Pflicht zu größerer Verantwortung. Parteichef Cem Özdemir sagte, die neue Rolle habe Konsequenzen für die gesamte Partei. Die Partei könne zeigen, „dass wir das können mit der Regierung“. Dies sei auch eine Chance für die weiteren Wahlen in diesem Jahr und für die Bundestagswahl 2013.

Der Grünen-Spitzenkandidat in Baden-Württemberg, Kretschmann, will mit der SPD ein Bündnis auf Augenhöhe bilden. Kretschmann kündigte einen kooperativen Politikstil an. Das gelte auch in der Wirtschaftspolitik. Die Grünen in Rheinland-Pfalz hielten sich am Montag ein Zusammengehen mit der CDU noch offen, machten aber die Präferenz für die SPD deutlich. Diese politische Position werde man „nicht verschenken“. „Wir werden hart verhandeln, es geht um viel“, betonte Spitzenkandidatin Eveline Lemke.

Grüne vor SPD: „So was kommt vor“

Die SPD-Spitze präsentierte sich in Berlin trotz zahlenmäßig magerer Wahlergebnisse zuversichtlich. SPD-Chef Sigmar Gabriel verwies darauf, dass die SPD nach den bisherigen vier Landtagswahlen 2011 in allen Landesregierungen vertreten sein werde. Die Stärke der Grünen erklärte er mit der jüngsten Atomdebatte. Auch der baden-württembergische Spitzenkandidat Nils Schmid sagte mit Blick auf die Grünen: „So was kommt vor“. „Wir werden nicht alles anders machen, aber vieles besser für Baden-Württemberg“, sagte Schmid. Wie Schmid machte auch der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz klar, dass sich die SPD in den Bündnissen mit den Grünen als Garant für die Verbindung aus wirtschaftlicher Vernunft und sozialem Zusammenhalt sehen.

Linke-Spitze sieht keine Fehler

Die Parteispitze der Linken im Bund wies jedwede Mitverantwortung für das Scheitern am Einzug in die Landesparlamente von sich. „Für dieses Ergebnis ist einzig und allein das Thema Atomkraft verantwortlich“, sagte Parteichef Klaus Ernst der Nachrichtenagentur dapd. Davon hätten ungerechtfertigter Weise nur die Grünen profitiert.
dapd/stu/kos (AFP/dapd/Reuters)

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