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Politik: Nachdenken über die Führung

Nichts weist von außen darauf hin. Die Parteizentrale der CDU steht wie verlassen da, unbewegt wirken die Fahnen.

Nichts weist von außen darauf hin. Die Parteizentrale der CDU steht wie verlassen da, unbewegt wirken die Fahnen. Eine trägt das Wort der Woche: Nachdenken. Ja, das tun sie in der Unionsführung. Hinter geschlossenen Türen. Denn die Wahl in Berlin ist mehr als eine Entscheidung für die Hauptstadt - sie gibt darüber hinaus eine Richtung für die Entscheidung im Bund in einem Jahr vor.

Nehmen wir Angela Merkel. Sie zeigt sich. Heute, morgen, aber auch in den vergangenen harten Tagen. Bei der CSU schlug ihr, der Vorsitzenden der Schwesterpartei, während der einstündigen Rede Ablehnung entgegen. Doch Merkel demonstrierte Nehmerqualitäten. Ob sie die Union damit im Nachhinein beeindruckt?

Vielleicht kehrt ganz allmählich dieser Eindruck wieder, in der CDU, in der CSU: Dass ihre Wahl zur Chefin doch nicht von ungefähr kam. Zumindest wird die Erinnerung wachgerufen, wie selbst die Herren, die sich schon lange in der Führung üben, von ihr seinerzeit ausgesteuert wurden. Bernhard Vogel, Kurt Biedenkopf, nicht zu vergessen Volker Rühe. Sie hat bei Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble gelernt. Da soll sie jetzt über einen Frank Steffel fallen?

Merkel hat sich, der bekannten Kohlschen Taktik gemäß, die auch sie in heiklen Situationen anwendet, nicht völlig abgewendet vom CDU-Spitzenkandidaten für Berlin. Halt nur so viel, dass man ihn und sein Wahlergebnis nicht ihr allein zum Vorwurf machen kann. Das entspricht außerdem dem Ergebnis der Kandidatensuche vor ein paar Monaten: Niemand kann sagen, die CDU-Chefin habe Steffel gewollt; aber auch keiner, sie habe Steffel verhindern wollen. Erst als der wollte und ihn die Berliner Partei kürte, stellte sie sich hinter ihn. Wenn Merkel sich jetzt vor ihn stellte, um in diesem Bild zu bleiben, wäre das wegen der kommenden Angriffe auch zu gefährlich.

Zum Thema Ergebnisse I: Stimmenanteile und Sitzverteilung im Abgeordnetenhaus Ergebnisse II: Direktmandate im Abgeordnetenhaus Ergebnisse III: Ergebnisse nach Regionen (Abgeordnetenhaus und BVV) WahlStreet.de: Die Bilanz Steffel hat nach der Wahl einen schweren Stand. Ob er sich wirklich halten kann in der Hauptstadt-Partei? An der Spitze der Abgeordnetenhaus-Fraktion? Ob die Berliner Christdemokraten tatsächlich glauben, dass er noch entwicklungsfähig ist? Oder soll er nicht doch in den Bundestag gehen? Fragen an den lokalen Spitzenkandidaten - und das Stichwort Bundestag führt wieder zu Merkel. Sie hat auch einen schweren Stand, schon länger. Immer mal wieder stellt einer die Frage, ob sie sich an der Spitze der Partei halten kann. Auch die kommt aufs Neue: Kann sie denn die Spitzenkandidatin werden? Keine der Fragen muss allerdings direkt beantwortet werden. Im Dezember erst ist CDU-Bundesparteitag. Und den Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl küren CDU und CSU vielleicht im Januar, symbolträchtig nach der CSU-Klausur in Kreuth.

Merkel wirkt skeptisch-gelassen. Sie wartet ab. Als hätte sie für sich die Probleme gewogen. Physikerin, die sie ist, durchdringt sie die Politik naturwissenschaftlich. Sie weiß ums Gewicht mancher Argumente. Dass, zum Beispiel, Edmund Stoiber so viel erfolgreicher ist, als CSU-Chef immer Wahlen gewinnt und im Ländervergleich als Regierungschef bei allen Zahlen gewinnt. Aber will er Spitzenkandidat im Bund werden? Das ist die alles bestimmende Frage, die sich an Stoiber stellt. In einigem Abstand zur Wahl in Berlin. Wenn alle lange genug nachgedacht haben.

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