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Politik: Nachhilfe aus Berlin

Der Regierungssprecher von Rot-Grün erklärt dem bayerischen Ministerpräsidenten die österreichische Arbeitslosenstatistik

Von Robert Birnbaum

Berlin - Es ist nicht ganz klar, ob Bela Anda den bayerischen Ministerpräsidenten bloß als schlamperten Aktenleser hinstellen will oder ob der Bundesregierungssprecher vorhat, Edmund Stoiber zu weiteren Unvorsichtigkeiten zu reizen. Vielleicht will er auch nur, dass Stoibers wahlkampftaktischer Fehltritt nicht gleich wieder in Vergessenheit gerät. Jedenfalls erteilt Anda, „weil es da mehrere Nachfragen gab“, am Montag in Berlin öffentlich Nachhilfeunterricht in Sachen österreichischer Arbeitslosenquote.

Stoiber nämlich hatte, wie berichtet, am Wochenende etwas getan, was andere Unionspolitiker am Montag hinter vorgehaltener Hand mit unfeinen Worten wie „Eselei“ belegen. Öffentlich äußern mag sich niemand dazu, um die Sache nicht schlimmer zu machen. Denn Stoiber hatte in einem Zeitungsinterview nicht nur Österreich zum Vorbild erklärt, weil es seine Arbeitslosenquote auf vier Prozent gesenkt habe, sondern in den nachfolgenden Sätzen erläutert, dass die Deutschen das noch viel besser könnten. Was man als Ausdruck des traditionellen bajuwarischen Überlegenheitsgeprotzes über den südöstlichen Nachbarn deuten kann. Man kann es aber auch ernst nehmen als Ankündigung, dass ein eventueller Minister für Was-auch-immer Stoiber die deutsche Arbeitslosenquote unter vier Prozent zu senken versprochen habe. Letzteres hat ein Stoiber-Sprecher, die Gefahr spät erkennend, am Sonntagabend zum Missverständnis zu erklären versucht, mit der nicht ganz mit dem Interview-Wortlaut zusammenpassenden Deutung, gemeint sei nicht, dass Deutschland es besser könne als die Österreicher, sondern besser als unter der rot-grünen Regierung.

Anda hat sich gleichwohl für die Variante „ernst nehmen“ entschieden. Allerdings anders, als man es wahlkampftaktisch vielleicht hätte erwarten können, von wegen: Da sieht man, was diese Schwarzen an Blauem vom Himmel versprechen! Nein, dem Regierungssprecher ist es um anderes zu tun. Erstens hätten die Österreicher ihre Arbeitslosigkeit unter anderem mit jener Arbeitsförderung gesenkt, die die Union abschaffen wolle. Zweitens aber hielten Stoibers Zahlen keiner Überprüfung stand. Die nationale Arbeitslosenquote in Österreich nämlich betrage nach den letzten Daten nicht Stoibers vier, sondern 6,1 Prozent. Wohingegen die vier, genauer: 4,6 Prozent, die österreichische Quote nach der Zählmethode der Internationalen Arbeitsorganisation ILO seien. Diese Zählung auf Deutschland angewandt wiederum ergebe 9,5 Prozent gegenüber den 11,3 Prozent der nationalen deutschen Zählung. Das wäre nun also klar. Nur wieso Bela Anda das unbedingt hat klarstellen wollen, das wissen wir immer noch nicht.

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