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Politik: Nachhutgefechte

Die Union erklärt den Fall für erledigt – kann sich Angriffe auf die SPD aber nicht verkneifen.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Eigentlich könnte der CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe die Ausspäh-Affäre um den US-Geheimdienst NSA langsam ignorieren. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla hat am Montagmorgen dem CDU-Präsidium sinngemäß die beruhigende Botschaft überbracht, dass er nachher im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) des Bundestages noch einmal allen Verdächtigungen den Garaus machen werde, die Amerikaner hätten in Deutschland – und damit im Verantwortungsbereich der Kanzlerin Angela Merkel – massenhaft unbescholtene Bürger ausgespäht. Umgekehrt vermeldeten die wahlkämpfenden Spitzen-Christdemokraten, draußen im Lande interessiere diese verwirrende Geschichte sowieso fast niemanden – die Aufregung ende sozusagen an der Außenhülle des Polit-Raumschiffs Berlin.

Aber Gröhe mag auf die Gelegenheit nicht verzichten, nach den wochenlangen Attacken der Opposition nun den Spieß umzudrehen. „Wie ein Kartenhaus“ sei der Verdacht der massenhaften Bespitzelung in sich zusammengefallen. Jetzt müsse die SPD-Spitze – beim Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück angefangen – ihre massiven Vorwürfe gegen Merkel zurücknehmen: „Es ist höchste Zeit für eine Entschuldigung.“

Ernsthaft erwartet der CDU-General derlei Gesten natürlich nicht, schon gar nicht mitten im Wahlkampf. Die Opposition denkt denn auch gar nicht an Entschuldigung; sie sucht vielmehr den Schein zu wahren, dass eigentlich gar nichts aufgeklärt sei oder jedenfalls das, was Pofalla am vorigen Montag zur Entlastung vorgetragen hat, wegen Unglaubwürdigkeit der amerikanischen und britischen Quellen inhaltlich nichts wert sei.

Tatsächlich sind das aber Nachhutgefechte. Steinbrück, sofern er die Abhörgeschichte in seinen Wahlreden überhaupt noch anspricht, verzichtet inzwischen auf massive Vorwürfe gegen Merkel. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann vermerkt nach der PKGr-Sitzung nur noch, man wisse „immer noch nicht genau, wie umfassend die USA deutsche Bürger ausforschen“.

Das stimmt; Pofalla hat schließlich selbst in dem Geheimgremium nicht nur die Offenlegung zentraler Dokumente in der Geheimschutzstelle des Bundestages, sondern auch weitere Aufklärung versprochen. Aber bei den noch offenen Fragen geht es um mögliche Aktionen fremder Geheimdienste außerhalb der deutschen Grenzen. Dort kann die Bundesregierung fragen, mahnen und bitten – aber mehr auch nicht. Robert Birnbaum

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