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Politik: Nächste Runde

Wolfgang Clement will in der SPD bleiben – und die „Agenda 2010“ verteidigen

Düsseldorf - „Aus formalen Gründen dürfen wir zum Verlauf der Anhörung nichts sagen“, sagt Rechtsanwalt Otto Schily, ehemaliger Bundesinnenminister der SPD unter Bundeskanzler Gerhard Schröder, gleich im Anschluss an die vierstündige Sitzung eines SPD-Parteigerichtes am Samstag in Düsseldorf. Die Landesschiedskommission der nordrhein- westfälischen SPD muss auf Antrag von sieben Untergliederungen der Partei über einen Ausschluss des Ex-„Superministers“ für Wirtschaft und Arbeit und ehemaligen SPD-Vizevorsitzenden Wolfgang Clement verhandeln. Eine Entscheidung ist am Samstag noch nicht gefallen: „Innerhalb von drei Wochen soll nun ein Urteil gefällt werden“, sagt ein Parteisprecher.

Ihre Deutung des Verfahrens wollen die beiden Ex-Minister aber auch als Verfahrensbeteiligte nicht verschweigen: Clement und er würden die „Agenda 2010“ der früheren rot-grünen Bundesregierung weiter verteidigen, erklärt Schily nach der Verhandlung. Diese Politik habe „große Erfolge“ gebracht und zur Senkung der Arbeitslosigkeit geführt. „Alle Versuche, den Kurs der SPD über ein Parteiordnungsverfahren zu ändern, sind zum Scheitern verurteilt“, sagt der Bundestagsabgeordnete.

Auch Clement selbst verweist nach der Sitzung noch einmal auf die Erfolge der „Agenda 2010“. Er wolle „Sozialdemokrat bleiben“ – und für eine moderne Wirtschaftspolitik eintreten, sagt der frühere Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Schließlich war die Öffentlichkeit bei dem Parteiverfahren ausgeschlossen. Dennoch tritt er gleich nach der Verhandlung erneut dafür ein, „den Ausstieg aus der Kernkraft zu überdenken“. Im hessischen Landtagswahlkampf hatte er sich genau damit den Unmut seiner Partei zugezogen, weil er indirekt dazu aufgerufen hatte, die Landes-SPD und ihre Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti wegen ihrer Energiepolitik nicht zu wählen. Mehrere Ortsvereine beantragten daraufhin seinen Parteiausschluss und führende Sozialdemokraten bezeichneten Clement, der im Aufsichtsrat des Stromkonzerns RWE Power sitzt, als Lobbyisten der Atomindustrie. Noch in der Nacht zum Samstag hatte der Ortsverein Bochum-Hamme die „Agenda 2010“ und auch Clement persönlich in einem offenen Brief frontal angegriffen.

1970 war der in Bochum geborene Clement in die SPD eingetreten – jetzt muss der gelernte Journalist seine Mitgliedschaft innerparteilich verteidigen und hat dafür den ehemaligen Ministerkollegen Schily um Schützenhilfe gebeten: Ein guter Anwalt kann ja nicht schaden.

Clement deutete am Samstag dann aber auch an, keine weiteren rechtlichen Schritte zu unternehmen, falls die Landesschiedskommission die gegen ihn zuvor ausgesprochene Rüge bestätigen sollte, gegen die er Einspruch eingelegt hatte. Er müsse sich womöglich mit dem Rüffel abfinden. Die Schiedskommission der Bochumer SPD hatte ihm im April eine Rüge wegen Verstoßes gegen die Regeln der innerparteilichen Solidarität erteilt, einen ebenfalls beantragten Parteiausschluss aber abgelehnt. Beide Streitgegner waren in Revision gegangen.

Die Gegner Clements aus sieben SPD-Gliederungen nahmen auch an der Anhörung teil. „Wir bleiben bei unserer Forderung nach einem Rauswurf von Herrn Clement“, sagte der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Bochum-Hamme, Rudolf Malzahn, nach Ende der Sitzung. Für eine Entscheidung kann sich die Landesschiedskommission in Düsseldorf bis zu drei Wochen Zeit lassen. Nach einer Bestätigung der Rüge könnte Clement dagegen nicht mehr in Berufung gehen. Das ginge laut Parteistatut nur bei einer härteren Strafe, gegen die er vor die Bundesschiedskommission der Partei ziehen müsste.

Trotz des Schweigegebots in dem parteiinternen Verfahren wollte Wolfgang Clement schließlich doch noch etwas aus der Verhandlung vor dem Schiedsgericht erzählen: „Ich habe mich für die Fairness im Verfahren bedankt“, sagte er nach dem Ende der Befragung. Er sehe „gelassen, guter Laune und guter Stimmung“ in die Zukunft – das Verfahren ist ja noch nicht vorbei. ddp/dpa/cwe

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