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Naher Osten: UN-Bericht fordert Strafe für Verbrechen im Gazakrieg

Richard Goldstone, Chefermittler der UN-Kommission zur Untersuchung des Gaza-Krieges, fällt ein harsches Urteil. Weder Palästinenser noch Israelis gehen bislang gegen Kriegsverbrecher vor - das zerstöre die Hoffnung auf einen erfolgreichen Friedensprozess.

Israel gerät in den UN unter massiven Druck: Ermittler des UN-Menschenrechtsrates drängen auf die Bestrafung von Israelis, die für Kriegsverbrechen im Gazakonflikt verantwortlich sind. Die Experten drängen auch auf eine Ahndung palästinensischer Kriegsverbrechen. „Jetzt ist die Zeit zum Handeln“, sagte der Chef der Kommission, Richard Goldstone, am Dienstag vor dem UN-Rat in Genf. „Der anhaltende Mangel an Gerechtigkeit untergräbt jede Hoffnung auf einen erfolgreichen Friedensprozess und verstärkt eine Umwelt, in der die Gewalt gedeiht“, warnte er. Das harsche Urteil Goldstones reiht sich in die seit Jahrzehnten andauernde UN-Kritik an der Besatzungspolitik des jüdischen Staates ein.

Laut Goldstone haben weder die Israelis noch die Palästinenser Verfahren gegen mögliche Kriegsverbrecher in ihren Reihen eingeleitet. Der frühere südafrikanische Richter und Strafverfolger für die internationalen Jugoslawien- und Ruandatribunale beklagte: Israelis und Palästinensern hätten nie den nötigen „politischen Willen" gezeigt.

Da beide Seiten weiter untätig seien, solle der UN-Menschenrechtsrat die Angelegenheit an den UN-Sicherheitsrat überweisen. Der Sicherheitsrat müsse Israelis und Palästinensern eine letzte Frist von sechs Monaten setzen. Falls wieder nichts geschehe, solle der internationale Strafgerichtshof in Den Haag die Sache in die Hand nehmen.

Über die Goldstone-Empfehlungen stimmen die 47 Mitglieder des UN-Menschenrechtsrates ab. Die USA, die erstmals seit Bestehen des Gremiums an den Beratungen teilnehmen, lehnen die Vorschläge entschieden ab. Doch Diplomaten bezweifeln, dass die Israel-Schutzmacht eine Mehrheit gegen Goldstone im Menschenrechtsrat mobilisieren kann. Israel selbst und Deutschland gehören dem Gremium nicht an.

Goldstone untersuchte mit drei weiteren Fachleuten den Gazakonflikt, der vom 27. Dezember 2008 bis zum 18. Januar 2009 tobte. Das Ergebnis: Israels Streitkräfte hätten Kriegsverbrechen und möglicherweise Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt. Die gröbsten Missetaten, laut Goldstone: Beschuss von Wohnhäusern, Krankenhäusern, Schulen und anderen zivilen Einrichtungen. Goldstone verurteilte die Kriegsführung der Israelis als Akt der „kollektiven Bestrafung“. Etwa 1400 Palästinenser starben. Israel hatte 13 Opfer zu beklagen, neun von ihnen Soldaten. Die Palästinenser hätten durch das Abfeuern von Raketen auf israelische Siedlungen Kriegsverbrechen begangen. Der Menschenrechtsrat hatte Goldstone mit den Ermittlungen beauftragt.

Israel und die USA lehnen seinen Bericht jedoch als „fehlerhaft“ ab. Die Regierung in Jerusalem betonte: Goldstone verstehe den Kampf gegen den Terrorismus nicht. Die Regierung in Jerusalem hatte eine Zusammenarbeit mit der UN-Kommission abgelehnt, daher konnten die Experten keine Gespräche in Israel führen, sondern Israelis nur außerhalb des Landes interviewen.

Jan Herbermann

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