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Politik: Nahost Gespräche: Gefühlte Souveränität? - Arafat kann Israel in der Jerusalem-Frage nicht nachgeben (Kommentar)

Für die USA steht fest, wer den Schwarzen Peter hat: Palästinenserpräsident Arafat. Denn der habe sich, im Gegensatz zu den Israelis, nicht weit genug bewegt, so US-Präsident Bill Clinton nach dem Scheitern des Nahost-Gipfels in Camp David.

Für die USA steht fest, wer den Schwarzen Peter hat: Palästinenserpräsident Arafat. Denn der habe sich, im Gegensatz zu den Israelis, nicht weit genug bewegt, so US-Präsident Bill Clinton nach dem Scheitern des Nahost-Gipfels in Camp David.

Gemeint ist Arafats Unnachgiebigkeit in der Frage nach dem Status von Jerusalem. Nun hat Clinton den Kurs noch verschärft: Die USA erwägen, sogar ihre Botschaft von Tel Aviv nach Jerualem zu verlegen. Offensichtlicher können die Vereinigten Staaten, die in dem Konflikt als Vermittler auftreten, kaum Partei nehmen: Damit unterstützt Clinton demonstrativ den israelischen Anspruch, dass das ungeteilte Jerusalem die Hauptstadt des jüdischen Staates ist.

Nun haben zwar die Juden in aller Welt zu aller Zeit dafür gebetet, sich "nächstes Jahr in Jerusalem" wiederzusehen. Doch aus einem Traum erwächst noch lange kein völkerrechtlicher Anspruch. Denn die Moslems haben die Stadt, deren Felsendom-Ensemble die drittheiligste Stätte aller Moslems ist, über die Jahrtausende hindurch bewohnt und geprägt. Sie war und ist das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum der von Palästinensern besiedelten Westbank.

So sah der UN-Teilungsplan von 1947 vor, das Mandatsgebiet Palästina unter Juden und Moslems aufzuteilen und Jerusalem einen Sonderstatus, das sogenannte Corpus Separatum, unter UN-Verwaltung zuzuteilen. Eine der Bedingungen für die Aufnahme Israels in die UN 1949 war denn auch, dass Jerusalem eine Art internationaler Status gewährt wird. Im Unabhängigkeitskrieg besetzte jedoch Israel den West- und Jordanien den Ost-Teil der Stadt und beide Seiten interessierten sich nicht für den UN-Beschluss. Im Krieg von 1967 eroberte Israel schließlich auch den Ost-Teil der Stadt und annektierte ihn völkerrechtswidrig.

Vor diesem - rechtlich eindeutigen - Hintergrund lehnt sich sogar die Europäische Union weit aus dem Fenster - obwohl sie sich im Nahost-Friedensprozess gewöhnlich darauf beschränkt, zu bezahlen, was unter amerikanischer Schirmherrschaft ausgehandelt wurde. Doch im März vergangenen Jahres machte der deutsche Botschafter Theodor Wallau in einer Protestnote an Israel klar, dass die EU Jerusalem entsprechend dem Völkerrecht nicht als Hauptstadt Israels anerkennt, sondern als eine internationale Stadt. Damit wiesen die Europäer die Forderung Israels zurück, die Diplomaten dürften sich in Jerusalem nicht mehr mit palästinensischen Regierungsvertretern treffen. Folgerichtig sind alle europäischen Botschaften sowie die der meisten anderen Länder in Tel Aviv angesiedelt.

Arafat beharrt darauf, dass ein Teil Jerusalems unter palästinensische Herrschaft gehört - und er hat dafür gute Argumente. Denn Israel stellt mit seinem quasi-biblischen Anspruch auf die gesamte Stadt Maximalforderungen, die durch kein historisches oder internationales Recht gedeckt sind. Im Gegenteil, sie verstoßen gegen das Völkerrecht, um das sich Israel in dem gesamten Nahost-Konflikt bisher wenig geschert hat - siehe Landannexionen und Siedlungsbauten in den besetzten Gebieten.

Die Palästinenser sind bereit Israel nun den gesamten Westteil, das jüdische Viertel der Altstadt und die großen jüdischen Siedlungen um Jerusalem herum zuzusprechen. Das sind Zugeständnisse, große sogar. Der israelische Premier Barak hat den Palästinensern hingegen ein "Gefühl der Souveränität" über die heiligen Stätten angeboten. Das ist, aus israelischer Sicht, auch ein Zugeständnis - aber ein kleines. Und als Kompromisslinie für Arafat nicht annehmbar.

Denn Jerusalem ist auch das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum der West-Bank. Doch wer dort wohnt, darf seit 30 Jahren die Stadt nur noch mit einem Spezialausweis betreten. Und die werden von Israel äußerst restriktiv ausgegeben. Durch bürokratische Schikanen schrumpft zudem die Zahl der Jerusalem-Palästinenser, die aufgrund ihrer Geburt in der Stadt leben dürfen. Gleichzeitig wird die palästinensische Osthälfte jüdisch besiedelt. Angesichts dessen ist es verständlich, dass die Palästinenser darauf beharren, echte, und nicht nur "gefühlte" Souveränität auszuüben.

Also: Auch Israel muss sich in der Jerusalem-Frage bewegen. Und Clintons harscher Ton gegenüber Arafat ist da nicht besonders nützlich.

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