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Politik: Nahost: Knallkörper statt Gummigeschosse

Auf dem Jerusalemer Tempelberg lagen auch am Tag nach den schweren Unruhen noch viele Steine herum, doch im Gegensatz zu früheren Zusammenstößen zwischen Palästinensern und der israelischen Polizei gab es diesmal keine Blutlachen, auf welche Trauerkränze gelegt wurden. Die israelische Polizei hatte nämlich aus ihren schweren Fehlern gelernt: Zwar hat sie erneut, nach Steinewürfen palästinensischer Jugendlicher auf jüdische Beter an der Klagemauer, den Tempelberg gestürmt, doch vermied sie dabei peinlichst ein Blutvergießen.

Auf dem Jerusalemer Tempelberg lagen auch am Tag nach den schweren Unruhen noch viele Steine herum, doch im Gegensatz zu früheren Zusammenstößen zwischen Palästinensern und der israelischen Polizei gab es diesmal keine Blutlachen, auf welche Trauerkränze gelegt wurden. Die israelische Polizei hatte nämlich aus ihren schweren Fehlern gelernt: Zwar hat sie erneut, nach Steinewürfen palästinensischer Jugendlicher auf jüdische Beter an der Klagemauer, den Tempelberg gestürmt, doch vermied sie dabei peinlichst ein Blutvergießen. Sie war erstmals mit angemessenen Kampfmitteln ausgestattet: Anstatt mit Gummi überzogenen Stahlkugeln und Tränengas setzte sie diesmal nur Knallkörper, Schlagstöcke und Schutzschilder ein mit dem Ergebnis, dass es keinen einzigen Toten zu beklagen gab.

Doch ob dieses Vorgehen das erwünschte zweite Ziel nach der Vermeidung von Todesopfern auch tatsächlich erreicht wurde, muss auf Grund der Erfahrung und den seither erfolgten Ereignissen bezweifelt werden. Anstatt zu einer Lageberuhigung scheint es erneut zu einer heftigen Eskalation der Gewalt zu kommen. Damit hätten sich sowohl die palästinensischen als auch die israelischen Extremisten letztlich erneut durchgesetzt. Auf israelischer Seite sind es nicht allein die blindwütigen "Tempelberg-Getreuen", die mit ihren Provokationen die Lunte am Pulverfass Tempelberg anzünden. Das Oberste Gericht hat diese Zündschnur gelegt, indem es grundsätzlich die provokative "Grundsteinlegung" für den dritten Tempel erlaubte, wenn auch nicht auf dem Tempelberg, sondern auf einem unweit davon gelegenen Parkplatz. Die Richter wussten um die akute Gefahr, die von solchen Provokationen ausgeht - deshalb die örtliche Verschiebung, doch ignorierten sie gleichzeitig die Tatsache, dass diese in der Vergangenheit immer und immer wieder Auslöser für schwerste Unruhen in den folgenden Tagen und Wochen waren. Nur ein totales Verbot der "Grundsteinlegung" unter Hinweis auf das gewaltige Sicherheitsrisiko wäre angebracht gewesen. Grafik: Jerusalem - Altstadt und Heilige Stätten Die Palästinenser warteten nämlich nur auf die Gelegenheit zu einer Eskalation mit breiter arabisch-moslemischer Rückendeckung, ähnlich wie sie es Ende September getan hatten, als der damalige Oppositions- und heutige Regierungschef Ariel Scharon provokativ auf den Tempelberg marschierte. Der schwerstbewachte Besuch verlief ohne Zwischenfälle - am Tag danach brach die Hölle aus, die "Al-Aksa-Intifada" begann, der Volksaufstand, den Jassir Arafat nach den gescheiterten Verhandlungen von Camp David vorzubereiten in Auftrag gegeben hatte und für dessen Anfang nur noch auf eine günstige Gelegenheit gewartet worden war.

Diesmal kamen den Palästinensern die "Tempelberg-Getreuen" als notorische Provokateure gerade recht. Schon einmal nämlich, am 8. Oktober 1990, hatten diese zum Marsch auf den Tempelberg und die Islamistische Bewegung die Moslems zu dessen Verteidigung aufgerufen. Natürlich durften die "Tempelberg-Getreuen" auch damals nicht hinauf, doch die Unruhen forderten 20 Todesopfer und hunderte Verletzte unter den Palästinensern, auf die die Polizei das Feuer eröffnet hatte. Noch einmal, im September 1996, als die beiden nationalistischen Draufgänger an der Spitze der Jerusalemer Stadtverwaltung, Ehud Olmert, und der Regierung, Benjamin Netanjahu, das sogenannte Tempelberg-Tunnel öffneten, sahen die Moslems ihren Haram al-Sharif mit den beiden Moscheen, dem Felsendom (Omar) und die heilige Al-Aksa, in Gefahr und entfesselten eine mehrtägige Konfontation, die auf beiden Seiten Dutzende von Todesopfern forderte.

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