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Politik: Nahost-Konflikt: Arafat und Scharon proben den Frieden

In einem dramatischen Appell hat Palästinenserpräsident Jassir Arafat gegenüber Israel erneut seinen Friedenswillen bekundet und den USA Unterstützung im weltweiten Kampf gegen den Terrorismus angeboten. In Anwesenheit von EU-Diplomaten sagte Arafat am Dienstag in Gaza, er habe den Verantwortlichen der palästinensischen Sicherheitskräfte befohlen, die mit Israel vereinbarte Waffenruhe streng einzuhalten.

Von Hans Monath

In einem dramatischen Appell hat Palästinenserpräsident Jassir Arafat gegenüber Israel erneut seinen Friedenswillen bekundet und den USA Unterstützung im weltweiten Kampf gegen den Terrorismus angeboten. In Anwesenheit von EU-Diplomaten sagte Arafat am Dienstag in Gaza, er habe den Verantwortlichen der palästinensischen Sicherheitskräfte befohlen, die mit Israel vereinbarte Waffenruhe streng einzuhalten. Im Gegenzug ordnete die israelische Regierung an, dass die Armee alle Angriffe auf palästinensische Ziele einstellt. US-Präsident Bush rief beide Seiten auf, den Friedensprozess im Nahen Osten voranzubringen.

Dessen ungeachtet gingen am Dienstagabend die Scharmützel zwischen bewaffneten Palästinensern und der israelischen Armee im Westjordanland weiter. Es kam nahe Ramallah und Gusch Ezion zu Schusswechseln, und in der autonomen Stadt Hebron feuerten israelische Panzer drei Granaten in den arabischen Stadtteil Abu Suneina.

Arafat wies die Kommandeure der palästinensischen Sicherheitskräfte an, selbst gegenüber israelischen Angriffen größtmögliche Zurückhaltung zu üben. "Gewalt bringt Gewalt hervor, die Zunahme von Gewalt führt auch auf der Gegenseite zu mehr Gewalt. Dadurch würden noch mehr Palästinenser und Israelis getötet." Erneut bedauerte der Palästinenserpräsident die Terroranschläge in den USA und versicherte, er stelle "alle zur Verfügung stehenden Mittel" zur Bekämpfung des Terrors bereit.

Bundeskanzler Gerhard Schröder und Außenminister Joschka Fischer begrüßten die Erklärung Arafats. Nach Auskunft Fischers versicherte ihm Israels Regierungschef Ariel Scharon am Telefon, er nehme den Vorschlag Arafats ernst und wolle ihn prüfen. Fischer sagte, es sei nun wichtig, dass die Waffenruhe wirklich halte und ein Treffen Arafats mit dem israelischen Außenminister Schimon Peres zustande komme. Scharon hatte eine 48-stündige vollständige Waffenruhe im Westjordanland und im Gazastreifen zur Vorbedingung für politische Gespräche mit Fischer erklärt. Fischer nannte den unter dem Titel "Aufruf an das Volk Israels: Friedensbotschaft" verbreiteten Text Arafats ein "ganz bedeutendes Signal", das von der Staatengemeinschaft unterstützt und von Israel positiv aufgenommen werden sollte.

In Regierungskreisen in Berlin wurde die Erklärung als bislang deutlichstes Bekenntnis Arafats zur Durchsetzung einer Waffenruhe seit Beginn der Feindseligkeiten und damit als wichtige Weichenstellung für den Friedensprozess in Nahost gewertet. Außenminister Fischer hatte nach diesen Angaben in Telefonaten mit dem EU-Außenpolitiker Javier Solana, dem russischen Außenminister Igor Iwanow sowie mit Arafat auf den Schritt der Palästinenser gedrängt. US-Außenminister Colin Powell hatte die europäische Initiative zu einer Aussöhnung in Nahost zuvor ermutigt. Spitzenpolitiker der Europäischen Union (EU) begrüßten ebenfalls das Friedensangebot von Arafat. "Wir glauben, dass die Erklärung von Arafat sehr mutig ist und Möglichkeiten für die Zukunft öffnet", sagte Solana am Dienstag in Brüssel.

Der belgische Außenminister Louis Michel sagte im Namen der amtierenden EU-Ratspräsidentschaft seines Landes: "Dies ist eine Friedensbotschaft, die die EU voll unterstützen wird." Er fügte hinzu: "Wir hoffen, dass die Botschaft überall auf der Welt gehört wird und dass Israelis und Palästinenser ihre Verhandlungen wieder aufnehmen." Es sei Zeit, einen wahren Dialog zwischen Israelis und Palästinensern wieder aufzunehmen, vor allen unter den derzeitigen kritischen Umständen. Solana vermittelt seit Wochen in dem Konflikt.

US-Außenminister Colin Powell schließt eine Beteiligung Israels an einem möglichen militärischen Vergeltungsschlag nach den Attentaten in den USA aus. Er sehe Israel nicht als eines der möglichen Länder, die an einer von den USA geführten Koalition gegen den Terrorismus beteiligt sein würden. Zahlreiche arabische Länder wollen dem von den USA angestrebten Anti-Terror-Bündnis sogar fern bleiben, wenn es Israel einschließt. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, sagte, die betreffenden Staaten begründeten dies damit, dass Israel ein Besatzerstaat sei.

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