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Politik: Nahost-Konflikt: Die USA melden sich als Vermittler zurück

Auch nach dem überraschenden Rückzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen haben beide Seiten ihre militärischen Provokationen fortgesetzt. Palästinenser beschossen am Mittwoch israelische Ziele im Gazastreifen mit Granaten.

Auch nach dem überraschenden Rückzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen haben beide Seiten ihre militärischen Provokationen fortgesetzt. Palästinenser beschossen am Mittwoch israelische Ziele im Gazastreifen mit Granaten. Militärangaben zufolge gab es keine Verletzten oder Sachschäden. Die israelische Armee rückte erneut kurz in das Autonomiegebiet ein und zerstörte dabei einen palästinensischen Sicherheitsposten.

Granatenangriffe aus dem Gazastreifen auf die israelische Stadt Sderot waren am Montagabend Anlass für den Einmarsch der israelischen Armee in Teile des Autonomiegebietes. Offenbar nach massiver US-Kritik zogen die Soldaten am Dienstagabend wieder ab. Das israelische Sicherheitskabinett kritisierte Ministerpräsident Ariel Scharon, die Beschlüsse allein getroffen zu haben. Die palästinensische Autonomiebehörde begrüßte die US-Haltung "mit Genugtuung".

US-Außenminister Colin Powell nannte die israelische Besetzung palästinensisch verwalteter Gebiete im Gazastreifen nach einem Mörserangriff auf eine jüdische Siedlung "übertrieben und unangemessen". Diplomatische Kreise in Washington bezeichneten das als mögliche Wegscheide in der Nahostpolitik von Präsident George W. Bush. Vize-Außenminister Edward Walker kündigte an, dass sich die USA in Nahost künftig mehr engagieren würden. Washington sei zusammen mit allen Beteiligten "aktiv bemüht, in der Region wieder Ruhe herzustellen", sagte Walker in der jordanischen Hauptstadt Amman. "Und wir könnten uns in Zukunft noch stärker engagieren."

Die Bush-Regierung hatte bis Dienstagabend ein Vierteljahr lang Israels Umgang mit der so genannten Al-Aksa-Intifada mit sympathisierender Unterstützung begleitet. Die Unruhen löste im September vergangenen Jahres der damalige Oppositionsführer und heutige Ministerpräsident Ariel Scharon mit einem Besuch auf dem Jerusalemer Tempelberg aus. Nach seinem Wahlsieg am 6. Februar stellte Scharon klar, dass er mit der palästinensischen Autonomieregierung keine Friedensverhandlungen führen werde, solange die Angriffe auf Israelis andauerten. Die neue US-Regierung unterstützte diese Haltung.

In der arabischen Welt wurde das als einseitige Parteinahme für Israel aufgenommen. Powells Erklärung könnte dies korrigieren. Druck auf Israel zur Wiederbelebung des Nahost-Friedensprozesses wird in Washington aber nicht erwartet. Bush gilt im Unterschied zu seinem Vorgänger Bill Clinton, der sich bis in die Details in Verhandlungen einschaltete, als Verfechter der These, dass ein Konflikt von den Konfliktparteien selbst beendet werden müsse.

Über die richtige Nahostdiplomatie streiten in Washington die Experten. Ex-Sicherheitsberater Sandy Berger lobte Powells Erklärung und bezeichnete es als äußerst wichtig für die USA, sich im Nahen Osten zu engagieren. Eine umfassende Lösung könne zurzeit jedoch von keinem erwartet werden. Die USA müssten aber versuchen, über andere Kräfte in der Region auf die Kontrahenten einzuwirken. An dieser Front sei die Regierung Bush zu lange untätig geblieben, so Berger. Der pensionierte Diplomat Christopher Ross, von 1991 bis 1998 US-Botschafter in Syrien, sagte: "Die Gewalt wird nicht aufhören, solange nicht beide Seiten der Gleichung angesprochen werden."

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