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Politik: Nahost-Konflikt: Ein verschwiegener Waffenstillstand

Seit Dienstagabend sollte in den palästinensischen Gebieten der einseitig von Israel verkündete Waffenstillstand gelten. Doch davon ist kaum etwas zu spüren: Bereits am folgenden Tag wurde ein Israeli erschossen, zwei weitere durch Schüsse verwundet, während die Palästinenser allein 45 Verletzte unter umstrittenen Umständen bei Feuergefechten im südlichen Gazastreifen meldeten.

Seit Dienstagabend sollte in den palästinensischen Gebieten der einseitig von Israel verkündete Waffenstillstand gelten. Doch davon ist kaum etwas zu spüren: Bereits am folgenden Tag wurde ein Israeli erschossen, zwei weitere durch Schüsse verwundet, während die Palästinenser allein 45 Verletzte unter umstrittenen Umständen bei Feuergefechten im südlichen Gazastreifen meldeten. Die Palästinenser beschossen wiederum erstmals überhaupt das Jerusalemer Malha-Quartier, in dem sowohl das große Einkaufszentrum als auch das Fußballstadion der Stadt liegen.

Auch am Donnerstag ereigneten sich mehrere Zwischenfälle, doch galt das Hauptinteresse dieses Mal der israelisch-libanesischen Grenze: Aus Anlass des ersten Jahrestages des überhasteten israelischen Rückzuges aus dem Südlibanon rechnete man in Israel mit dem Versuch der proiranischen Hisbollah, das Datum mit einem spektakulären Anschlag zu "würdigen". Doch statt eines terroristischen Angriffs gab es an diesem Tag einen anderen Zwischenfall: In helle Aufregung versetzte ein libanesischer Flugschüler mit seiner Cessna die israelische Luftwaffe. Er überflog von Beirut aus die Grenze zu Israel und die Städte Nahariya und Haifa am Mittelmeer, umkreist von israelischen Kampfflugzeugen, die ihn mit verschiedensten Mitteln zur Landung zwingen wollten und auch Warnschüsse abgaben. Weil die Gefahr eines Selbstmord-Anschlages durch den die Warnsignale ignorierenden Piloten der Cessna bestand, wurde die Maschine auf halber Strecke nach Tel Aviv durch Kampfhubschrauber am Meeresstrand abgeschossen. Der Pilot fand dabei den Tod. Bemerkenswerterweise meldete der Fernsehsender der Hisbollah den Zwischenfall Stunden vor allen anderen libanesischen Stationen, und konnte sofort auch den Namen des Piloten, sowie die Umstände des Zwischenfalles nennen.

Ariel Scharon hat unterdessen mit dem von ihm verordneten einseitigen Waffenstillstand für Verwirrung bei seinen Landsleuten gesorgt. Die Palästinenser sprachen von einem Trick. Scharons engste Mitarbeiter hatten am Dienstagabend den Journalisten vorab "gesteckt", dass der Regierungschef eine großzügige Feuerpause ausrufen werde. Doch Scharon wich von dem "inoffiziell" verbreiteten Text ab und richtete nur einen Aufruf an die Palästinenser für einen Waffenstillstand. Auch mehrere Nachfragen der überraschten Reporter nach einem einseitigen Waffenstillstand ignorierte Scharon. Erst nachdem die, von den schließlich genervten Journalisten bedrängten (und selbst ebenfalls überraschten), Mitarbeiter Scharons eine "interne Klärung" vorgenommen hatten, teilten sie Stunden später mit, dass der einseitige Waffenstillstand inzwischen in Kraft getreten sei.

Warum Scharon diesen nicht offen angekündigt hatte - und so auf wichtige Punkte im weltweiten Propagandakrieg gegen die Palästinenser verzichtete - konnten auch seine Mitarbeiter nicht erklären. Stattdessen gaben sie sich überzeugt, dass der Waffenstillstand "ohnehin nicht halten wird". Die von Scharon der Armee erteilten Befehle erlauben den Gebrauch von Schusswaffen eigentlich nur bei Lebensgefahr und untersagen eigenlich die viel kritisierten, kurzfristigen Einmärsche in die Autonomiegebiete.

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