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Um die Arbeit im politischen Berlin kennenzulernen, kommen jährlich 120 Studenten aus aller Welt für fünf Monate in die Hauptstadt.

© Wolfgang Kumm/dpa

Nahost-Konflikt im Bundestag: Junge Israelis und Palästinenser streiten in Berlin

Bei einem Stipendienprogramm des Bundestages wurden ausgerechnet Palästinenser und Israelis gemeinsam in eine Arbeitsgruppe eingeteilt. Die Studenten aus den palästinensischen Gebieten verweigerten die Zusammenarbeit - und sorgten für einen Eklat.

Während Israels Präsident Reuven Rivlin derzeit in Berlin das 50. Jubiläum der deutsch-israelischen Beziehungen feiert, schwelt im Deutschen Bundestag ein Konflikt, den er nur zu gut aus seiner Heimat kennt: Es gibt Ärger zwischen Israelis, Palästinensern und Libanesen.

Die Kontrahenten sind Teil eines Stipendienprogramms des Bundestages, bei dem jährlich 120 Studenten aus aller Welt für fünf Monate nach Deutschland eingeladen werden, um den politischen Betrieb in Berlin kennenzulernen. Anders als in Vorjahren waren die Teilnehmer Anfang März mit Blick auf ihre Herkunftsländern in Gruppen eingeteilt worden. Während Serbien, Kroatien und Slowenien die Gruppe "Balkan I" oder Armenien und Georgien die Gruppe "Kaukasus" bildeten, hatte die Bundestagsverwaltung drei junge Israelis, zwei Palästinenserinnen und eine Libanesin zusammen in die Gruppe "Israel und Mashrek" gesteckt. Die Organisatoren hatten jedoch dabei offenbar die politischen Spannungen im Nahen Osten unterschätzt.

Kein öffentlicher Auftritt mit den Israelis

Nur wenige Tage nach Ankunft der Stipendiaten kam es zum Eklat: Mit Verweis auf die Differenzen ihrer Länder weigerten sich die Vertreter der palästinensischen Gebiete und des Libanon, mit den Israelis zusammenzuarbeiten. So erzählen es die israelischen Teilnehmer. Auch in zahlreichen Gesprächen habe der Streit nicht geschlichtet werden können. Kurze Zeit später schrieben die palästinensischen Studentinnen an die israelische Delegation und die Verwaltung des Bundestages.  Die Unterzeichnerinnen fordern in ihrem Schreiben die Israelis auf, die Besatzung der palästinensischen Gebiete als illegal anzuerkennen und den Palästinensern das "Recht auf einen souveränen Staat" zuzugestehen. Eine öffentliche Zusammenarbeit sei nur unter diesen Bedingungen möglich, da sonst ihre Karrieren und sogar ihre Leben in ihrem Heimatland bedroht sein würden.

Israel hatte den Süden des Libanons Mitte der 80er Jahre besetzt und gilt seitdem als Erzfeind. Teile der palästinensischen Gebiete, die das Völkerrecht nicht als eigener Staat anerkennt, sind bis heute von Israel annektiert.

Bundestagsabgeordnete beschweren sich über Palästinenserinnen

Die arabischen Studentinnen erklärten in ihrem Brief auch, dass sie zum Zeitpunkt ihrer Bewerbung für das Programm des Bundestags zwar von der Teilnahme israelischer Studenten gewusst hätten. Jedoch sei nie die Rede davon gewesen, dass sie mit den Israelis auch öffentlich auftreten müssten. "Wenn wir das gewusst hätten, hätten wir uns nicht beworben", heißt es in dem Schreiben. Sie seien "erschüttert" darüber, wie der Bundestag mit ihnen in dieser Sache umgegangen sei.

Die Antwort auf das Schreiben folgte prompt: In einem Brief an die Verwaltung des Bundestages beschwerten sich nun die Abgeordneten Petra Pau (Linke), Volker Beck (Grüne) und Gitta Connemann (CDU) über den Umgang der Palästinenserinnen mit der Delegation aus Israel und der Drohung, die Zusammenarbeit auszusetzen. "Ein möglicher Boykott Israels unter dem Dach des Deutschen Bundestags ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar", schrieben die Parlamentarier, in deren Büros die drei israelischen Stipendiaten derzeit ein Praktikum machen.

Bundestag hält sich raus

Doch auch der Einsatz der Abgeordneten blieb wirkungslos: Bei der Auftaktveranstaltung an der Technischen Universität Berlin standen die Israelis alleine auf der Bühne. Die Teilnehmer aus den palästinensischen Gebieten und dem Libanon waren separat aufgetreten. „Der Bundestag sollte das Verhalten der Palästinenser öffentlich verurteilen“, sagte ein israelischer Stipendiat dem Tagesspiegel. "Als Israeli in Deutschland bei einer Veranstaltung des Bundestages auf diese Weise boykottiert zu werden, ist nicht leicht für uns."

Die Bundestagsverwaltung gibt zwar zu, dass es im Rahmen des Programms zum Streit kam. Doch kommentieren will sie den Eklat nicht. Der Konflikt sei "zwischenzeitlich beigelegt", lautet die Antwort der Verwaltung.

Paul Middelhoff

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