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Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

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Update

Nahost-Konflikt: Netanjahu will Mord an arabischem Jugendlichen aufklären

Nach dem Fund der Leiche eines arabischen Jugendlichen in einem Wald bei Jerusalem verlangt Palästinenserpräsident Mahmud Abbas von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, die Ermordung des Palästinensers zu verurteilen. Netanjahu fordert eine rasche Untersuchung der Todesumstände. Es wird eine Racheaktion von rechtsgerichteten Israelis vermutet.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu aufgefordert, die Ermordung eines palästinensischen Jugendlichen zu verurteilen. Gleichzeitig verlangte er von der israelischen Regierung, "konkrete Maßnahmen" zu ergreifen, "um Angriffe von Siedlern und das Chaos, das durch diese Übergriffe entsteht, zu stoppen".

Netanjahu forderte eine rasche Untersuchung der Umstände des Todes des jungen Palästinensers. „Israel ist ein Rechtsstaat und jeder ist verpflichtet, das Recht einzuhalten“, zitierte die Zeitung „Haaretz“ Netanjahu am Mittwoch.

Zuvor war am Mittwoch die Leiche des 16-jährigen Mohammed Abu Chedair in einem Wald bei Jerusalem gefunden worden. Wie der israelische Militärrundfunk berichtete, wurde der junge Palästinenser am frühen Morgen in Ost-Jerusalem in ein Auto gezwungen. Einige Stunden später sei seine Leiche in einem anderen Stadtteil entdeckt worden. Die Polizei bestätigte den Leichenfund, hat die Leiche jedoch noch nicht identifiziert und überprüft noch die Berichte über die Entführung.

Die Polizei teilte mit, sie ermittle in dem Fall. Die Todesursache sei noch unklar, berichtete die Zeitung „Jerusalem Post“. Nach anderen Berichten wies die Leiche Brandspuren auf.

Es besteht der Verdacht, dass rechtsgerichtete Israelis den Jugendlichen entführt und ermordet haben. Wie das israelische Militärradio berichtete, wollten die Täter womöglich Vergeltung üben für den Mord an drei israelischen Jugendlichen, deren Leichen am Montag im Westjordanland gefunden wurden. Am Dienstag hatten hunderte israelische Demonstranten in Jerusalem Rache für den Mord an den drei jüdischen Jugendlichen gefordert.

In Ost-Jerusalem löste die Nachricht vom Tod des Palästinensers wütende Proteste aus. Etwa 200 palästinensische Demonstranten griffen die Polizei mit Steinen an. Die Einsatzkräfte trieben die Menge mit Gummigeschossen auseinander.

Freunde eines der drei getöteten Israelis bei der Trauerfeier in Modiin. Angeblich soll in der vergangenen Nacht ein arabischer Jugendlicher aus Vergeltung getötet worden sein.
Freunde eines der drei getöteten Israelis bei der Trauerfeier in Modiin. Angeblich soll in der vergangenen Nacht ein arabischer Jugendlicher aus Vergeltung getötet worden sein.

© dpa

Der Mord an den drei israelischen Jugendlichen hatte die Öffentlichkeit tief entsetzt, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu machte die radikalislamische Hamas für die Tat verantwortlich und drohte mit Vergeltung.

Das Verschwinden der zwei 16-Jährigen und eines 19-Jährigen, die am 12. Juni entführt worden waren, als sie per Autostopp zwischen Bethlehem und Hebron unterwegs waren, hatte die israelische Öffentlichkeit über Wochen in Atem gehalten. Am Montag wurden dann ihre Leichen auf einem Feld nordwestlich von Hebron entdeckt - unweit der Stelle, wo sie zuletzt gesehen worden waren.

Die drei Jugendlichen wurden am Dienstag unter großer Anteilnahme beigesetzt. Zehntausende kamen zu der Trauerfeier für die Talmudschüler in Modiin, unter ihnen Netanjahu und Präsident Schimon Peres.

UN-Sicherheitsrat: Mord ist ein "Akt des Hasses"

Auch der UN-Sicherheitsrat hat die Ermordung der drei israelischen Jugendlichen im Westjordanland "auf das Schärfste" verurteilt. In einer am Dienstag in New York einstimmig verabschiedeten Erklärung rief das Gremium zudem alle Parteien in dem Konflikt auf, auf Maßnahmen zu verzichten, "die die Situation weiter destabilisieren könnten". Israel und die palästinensische Autonomiebehörde seien auch nach dem Mord, einem "Akt des Hasses", aufgerufen, zusammenzuarbeiten und die Verantwortlichen zu finden und vor Gericht zu stellen.

Netanjahu drohte am Abend vor einer erneuten Sitzung des Sicherheitskabinetts mit einer Verstärkung der Bombenangriffe auf Stellungen der Hamas im Gazastreifen. Der Einsatz im Westjordanland werde parallel fortgesetzt. Laut dem Fernsehen schloss er aber eine Bodenoffensive im Gazastreifen oder die erneute Besetzung des Gebiets aus.

Israels Botschafter: Bevölkerung war noch "nie so einig"

Bei der wochenlangen Suchaktion nach den Jugendlichen im Westjordanland hatten die israelischen Sicherheitskräfte 420 Palästinenser festgenommen, die meisten von ihnen Mitglieder der Hamas. Sechs Palästinenser wurde bei dem Einsatz bisher getötet. Die Wohnhäuser der beiden von Israel der Tat beschuldigten Hamas-Mitglieder in Hebron wurden gesprengt.

Der israelische Botschafter in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsman, rechtfertigte das Vorgehen der Sicherheitsbehörden. Die Hamas rufe regelmäßig zu Entführungen von Israelis auf, sagte er am Mittwochmorgen im ARD-"Morgenmagazin". Bei den beiden Verdächtigen handle es sich um polizeibekannte "Terroristen". Die Wut unter den Israelis sei groß, die Bevölkerung sei sich noch "nie so einig" gewesen wie nach der "grausamen" Ermordung der drei Jugendlichen. (AFP, dpa)

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