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Nahost-Konflikt: Solana fordert Ende des "Blutbads"

Eine Woche nach ihrem Beginn hat die israelische Militäroffensive im Libanon einen blutigen Höhepunkt erreicht: Mindestens 55 Zivilisten starben bei den Angriffen in mehreren Landesteilen.

Beirut - Erstmals bombardierte die Luftwaffe auch ein christliches Viertel im Zentrum von Beirut. Beim Vorstoß von Bodentruppen im Südlibanon lieferten sich Soldaten Kämpfe mit der Hisbollah-Miliz, dabei kamen laut Medien zwei Israelis ums Leben. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana forderte das sofortige Ende des «Blutbads im Libanon». Unicef nannte die Lage «alarmierend» und forderte sichere Korridore für die etwa 500.000 Flüchtlinge im Land. Zehntausende Ausländer, darunter hunderte Deutsche, warteten auf ihre Ausreise.

Israel verstärkte seine Angriffe am Mittwoch nochmals. Von Kanonenbooten und Flugzeugen aus wurden Bomben und Raketen auf Ziele im Süden, Osten und Norden des Libanon abgefeuert. Dutzende Menschen starben, die meisten von ihnen wurden unter den Trümmern ihrer Häuser begraben, wie die Polizei mitteilte. Erstmals griffen israelische Hubschrauber auch das christliche Viertel Aschrafieh an und zerstörten ein Brunnenbohrgerät. Unter den Anwohnern brach Panik aus.

Insgesamt tötete die israelische Armee binnen einer Woche 310 Menschen im Libanon, darunter 280 Zivilisten und 23 Soldaten. Rund 650 Menschen wurden verletzt. Auf israelischer Seite wurden bislang 13 Zivilisten und zwölf Soldaten getötet. Am Mittwoch griff die Hisbollah erneut mehrere Städte in Nordisrael mit dutzenden Raketen an. In Haifa wurden dabei zwei Menschen verletzt.

Solana: Jeder Tag zählt

Solana forderte bei seinem Besuch in Jerusalem das sofortige Ende des Konflikts. «Diejenigen, die Einfluss haben, um zur Lösung des Problems beizutragen, müssen das schnell tun, sofort, jetzt. Jeder Tag zählt», sagte er. Das israelische Sicherheitskabinett hatte wenige Stunden zuvor die unbegrenzte Fortsetzung seiner Angriffe auf den Libanon und den Gazastreifen beschlossen. Im Gazastreifen wurden beim israelischen Vorstoß in ein Flüchtlingslager sieben Palästinenser getötet und 70 weitere verletzt. Die Hisbollah erklärte, sie könne ihren Raketenbeschuss noch Monate aufrecht erhalten.

Im Grenzgebiet im südlichen Libanon lieferten sich beide Seiten am Mittwoch erstmals Gefechte. Nach Berichten der arabischen Fernsehsender Al Dschasira und Al Arabijah wurden dabei zwei israelische Soldaten getötet. Auch ein Kämpfer der Hisbollah wurde getötet.

Absprachen mit Washington

Einem Bericht der US-Zeitung «New York Times» zufolge will Israel in Absprache mit der US-Regierung seine Bombardements im Libanon noch mindestens eine Woche fortsetzen, bevor US-Außenministerin Condoleezza Rice die Einrichtung einer Sicherheitszone im Südlibanon durchsetzen solle. Der britische «Guardian» berichtete ebenfalls unter Berufung auf mehrere Diplomaten von einer entsprechenden Absprache. Der britische Premierminister Tony Blair sagte am Mittwoch im Parlament, er werde von Israel erst dann ein Ende der Angriffe verlangen, wenn die Hisbollah ihre Angriffe stoppe und ihre Geiseln befreie.

Der Unicef-Vertreter im Libanon, Roberto Laurenti, sagte, die Lage vor Ort sei «alarmierend und katastrophal». Eine halbe Million Menschen sei auf der Flucht. Der Süden sei weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten. In einer gemeinsamen Erklärung von Unicef und Weltgesundheitsorgansation (WHO) hieß es, in Beirut und Umgebung hätten bis zu 40.000 Menschen Zuflucht in Schulen und Parks gesucht. Verletzte könnten wegen der Bomben und der vielen zerstörten Straßen nicht transportiert werden.

Auch der französische Präsident Jacques Chirac setzte sich für «humanitäre Korridore» ein, damit sich die Menschen «in einer gewissen Sicherheit» bewegen könnten. Unterdessen warteten noch immer zehntausende Ausländer auf ihre Ausreise aus dem Libanon. Bei der deutschen Botschaft in Beirut versammelten sich am Mittwoch bis zu 3000 Deutsche und ihre engsten Angehörigen, die außer Landes wollten. Ein Konvoi mit rund 50 Bussen sollte noch am Mittwoch in Richtung Damaskus starten. (tso/AFP)

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