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Politik: Nahost-Konflikt: USA müht sich um Waffenstillstand

Aufgescheucht durch die harsche internationale Reaktion auf den letzten Vergeltungsschlag wird in Israel Sinn und Art militärischer Aktionen als Antwort auf palästinensischen Terror diskutiert. Gleichzeitig bemühen sich die Außenminister der USA und der Türkei um einen Waffenstillstand.

Aufgescheucht durch die harsche internationale Reaktion auf den letzten Vergeltungsschlag wird in Israel Sinn und Art militärischer Aktionen als Antwort auf palästinensischen Terror diskutiert. Gleichzeitig bemühen sich die Außenminister der USA und der Türkei um einen Waffenstillstand.

Das israelische Sicherheitskabinett diskutierte in der Nacht zum Freitag zum zweiten Mal über die Reaktion auf den Terroranschlag in Hadera, der am Mittwoch zwei Tote und über 50 Verletzte gefordert hatte. Auf der Krisensitzung unmittelbar nach dem Anschlag war kein Beschluss gefasst worden. Zur Wahl stehen drei Alternativen: Erneuter Raketenbeschuss palästinensischer Städte, punktuelle Attacken gegen Terroristenführer und -basen verbunden mit weiteren Wirtschaftssanktionen, oder vorläufiges Abwarten. Damit könnte Israel Arafat als alleinverantwortlich für die Gewalt vor der Weltöffentlichkeit anprangern und daraus politischen Nutzen ziehen.

Nach dem Anschlag vom Montag auf einen Schulbus der Siedler im Gazastreifen hatte Ministerpräsident und Verteidigungsminister Ehud Barak einen massiven Vergeltungsschlag durchgesetzt: 50 Raketen wurden gegen neun palästinensische Ziele abgeschossen. Damit brachte Barak sich selbst ins Visier zahlloser Kritiker. Weltweit und insbesondere erstmals auch durch die amerikanische Regierung wurde von "unangemessen harter Reaktion" und "übermässigem Waffeneinsatz" gesprochen, während selbst in der Regierung daran gezweifelt wurde, ob "Attacken auf praktisch leere Gebäude" irgendeinen Sinn machten, hätten sie doch keinerlei militärische Wirkung und schadeten nur dem Ansehen Israels.

Baraks rhetorische Reaktionen auf den Anschlag in Hadera ließen erkennen, dass diese Kritik bei ihm Wirkung zeigte, denn je weiter er zeitlich vom Tatzeitpunkt entfernt sprach, desto weniger aggressiv machte er Jasser Arafat und dessen Palästinensische Nationale Autorität (PNA) für den Anschlag mitverantwortlich, nachdem er sie zuerst zornig praktisch als Täter bezeichnet hatte. Israels Sicherheitsdienste machen inzwischen den "Islamischen Jihad" - der zuletzt vor drei Woche eine Autobombe beim Jerusalemer Markt zur Explosion gebracht hatte - verantwortlich. Die politische Führung der islamistischen Hamas-Bewegung hat inzwischen erklärt, Hamas stecke nicht hinter der Tat. In verschiedenen Telefonanrufen bei Nachrichtenagenturen haben anonyme Anrufer sich jedoch für Hamas und für deren Kommandos sowie für eine bisher unbekannte Gruppierung namens "Islamische Revolution" zur Tat bekannt.

Arafat, dessen Schweigen am Tattag von Israel heftig kritisiert wurde, verurteilte am Donnerstag "natürlich den Terror-Anschlag" und betonte, "die Palästinenser sind gegen jede Art von Terror". Der mächtige Sicherheitsdienstchef des Gazastreifens, Mohammed Dahlan, der laut Israel hinter den Anschlägen im Gazastreifen - nicht aber dem in Hadera - stecken soll, kündigte an, die Palästinenser hätten Vorkehrungen getroffen, um eine Rück-Eroberung palästinensischer Autonomiegebiete durch Israel zu verhindern. Israel habe keine anderen Waffen mehr als diese Gebiete wieder zu besetzen, so Dahlan. Arafats Fatah-Bewegung kündigte in Gaza Rache für die Erschießung von vier Fatah-Angehörigen am Mittwochmorgen im Gazastreifen an.

Arafat selbst hat über zwei Kanäle Israel einen Waffenstillstand und die Wiederaufnahme der Verhandlungen angeboten. Sowohl die US-Außenministerin Madeleine Albright, mit der er telefonisch in Verbindung stand, als auch deren türkischer Amtskollege Ismail Cem, der Barak und Außenminister Schlomo Ben-ami sowie danach Arafat in Gaza traf, gaben das Angebot an Jerusalem weiter. Dort nahm man dieses mit großer Skepsis zur Kenntnis: Es könnte sich um einen Trick Arafats handeln, um einen Vergeltungsschlag zu vermeiden. "Wenn dies ernst gemeint ist, könnte das ein Notruf sein oder aber doch der Wunsch, der Gewalt ein Ende zu bereiten", meinte Ben-Ami nach seinem Telefongespräch mit Albright.

Die amerikanische Außenministerin hatte außerdem die Bildung von Pufferzonen zwischen Israelis und Palästinensern vorgeschlagen, was auf israelischer Seite einiges Kopfschütteln zur Folge hatte. Pufferzonen könnten zur Verhinderung von Zusammenstößen wie in den ersten vier Wochen der "Al-Akza-Intifada" dienen, doch seien sie bei Terroranschlägen wirkungslos. Übrigens ebenso wie bei Vergeltungsschlägen durch israelische Kampfhubschrauber und Raketen.

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