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Politik: Nahost: Kriegsvorbereitungen in Israel

Die Eskalation im israelisch-palästinensischen Konflikt hat sich dramatisch verschärft: Israels Armeespitze hat außergewöhnlich umfangreiche Truppenkonzentrationen im Westjordanland, vor allem bei den autonomen Städten Jenin und Bethlehem, befohlen. Infanterie und Panzertruppen stehen in offensiver Formation bereit, in das palästinensische Autonomiegebiet, den so genannten Sektor A, einzudringen.

Die Eskalation im israelisch-palästinensischen Konflikt hat sich dramatisch verschärft: Israels Armeespitze hat außergewöhnlich umfangreiche Truppenkonzentrationen im Westjordanland, vor allem bei den autonomen Städten Jenin und Bethlehem, befohlen. Infanterie und Panzertruppen stehen in offensiver Formation bereit, in das palästinensische Autonomiegebiet, den so genannten Sektor A, einzudringen. Doch den entsprechenden Befehl haben weder Verteidigungsminister Binyamin Ben-Eliezer noch Ministerpräsident Ariel Scharon oder der Ministerausschuss für Verteidigung, das Sicherheitskabinett, erteilt.

Im Gegensatz dazu machte Ben-Eliezer der Armeeleitung in nächtlichen Marathonsitzungen klar, dass ein großer Schlag gegen die Palästinenser nicht in Frage komme. Vor allem aber erklärte sich Scharon bei der routinemäßigen Sicherheitskabinett-Sitzung überrascht von den seiner Meinung nach übertriebenen Medienmeldungen über die Truppenkonzentrationen. Er distanzierte sich vom Eindruck, dass Israel unmittelbar vor einem Angriff stehe.

Der nach London gereiste Außenminister Schimon Peres versicherte gleichzeitig in einem Interview mit der BBC, Israel habe keinerlei Absichten, palästinensisches Territorium zu erobern. Beide Erklärungen sind nur als Teil-Dementis zu werten, wenn auch auf Grund der Worte Scharons und Peres davon ausgegangen werden kann, dass tatsächlich in der nächsten Zukunft kein Großangriff erfolgen wird. Während nämlich Scharons Worte weitere recht massive israelische Vergeltungs- und Präventivschläge nicht ausschließen, dementiert Peres nur Eroberungsabsichten, nicht aber Pläne zu Straffeldzügen mit sofort anschließenden Truppenrückzügen - wie dies früher im Südlibanon mehrfach der Fall gewesen war.

US-Präsident George W. Bush hatte Scharon dringend gebeten, die bisherige "Politik der Zurückhaltung" weiter zu verfolgen, also auf einen Großangriff gegen die Palästinenser zu verzichten. Bush verwies dabei unter anderem auf das bevorstehende G 8-Gipfeltreffen, das Beschlüsse zum Nahostkonflikt fassen soll, die im Fall einer weiteren Eskalation von israelischer Seite wohl alles andere als freundlich für den jüdischen Staat ausfallen würden.

Mehrere nationalistische Kabinettsmitglieder übten später, anonym bleibend, heftige Kritik an Scharon, der keine seriöse Debatte über das weitere Vorgehen gegenüber den Palästinensern zugelassen habe. So sei der Eindruck entstanden, dass Scharon sich zuvor mit Peres darauf abgesprochen habe, dass keinerlei operative Beschlüsse in dessen Abwesenheit gefasst würden. Das Sicherheitskabinett beschloss anstatt eines Großangriffs die Fortsetzung der so genannten Terroristen-Abfang-Politik sowie andere Maßnahmen zur Terrorbekämpfung und zur Verhinderung von Infiltrationen aus palästinensischem Gebiet in dasjenige des Staates Israel. Das "Abfangen von Terroristen" umfasst demnach sowohl die physische Liquidierung als auch die Entführung von Terror Verdächtigen und Aufstands-Kommandanten.

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