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Politik: Nahost-Krise: Mit Angst vor den Extremisten

Es wird wohl keine Einigung in Nahost auf der Basis des neuesten Clinton-Planes geben. Die Vorbehalte auf israelischer und palästinensischer Seite sind noch zu groß, und so haben wieder einmal die Extremisten das Sagen.

Es wird wohl keine Einigung in Nahost auf der Basis des neuesten Clinton-Planes geben. Die Vorbehalte auf israelischer und palästinensischer Seite sind noch zu groß, und so haben wieder einmal die Extremisten das Sagen. Und die Bevölkerung? Sie unterstützt die Al-Aqsa-Intifada, die Solidarität mit den Palästinensern ist groß wie selten zuvor. Sie zwingt moderate Regime wie Ägypten und Jordanien zumindest zu finanziellen Gesten, um den Volkszorn zu zügeln. Auch der Rückruf des ägyptischen Botschafters aus Tel Aviv war dem Druck der Straße geschuldet. Jordanien wartet mit der Entsendung eines neuen Botschafters nach Israel ab, bis sich die Lage beruhigt hat. Das diplomatische Instrumentarium wird von den beiden arabischen Ländern, die einen Friedensvertrag mit Israel haben, voll ausgeschöpft.

Gerade der ägyptische Präsident Hosni Mubarak muss dabei die größte Gratwanderung vollziehen: Er ist der wichtigste Vermittler zwischen den USA und den Palästinensern, der engste Vertraute Arafats in der arabischen Welt. In seinem ureigensten Interesse ist eine Beendigung des Konfliktes, der auch die Stabilität Ägyptens bedroht. Denn die pro-palästinensischen Demonstrationen in der arabischen Welt sind gleichzeitig auch immer gegen das eigene, als untätig angesehene Regime gerichtet. Doch in der Jerusalem-Frage konnte auch Mubarak nicht auf Konzilianz drängen, ohne seinen eigenen Sturz zu riskieren.

Gelegenheit zu Scharmützeln

Angesichts der Gewalt wird immer wieder das Szenario eines Regionalkrieges an die Wand gemalt. Diese Gefahr ist derzeit allerdings eher gering. Äygpten und Jordanien werden auch bei steigendem Druck ihrer Bevölkerungen nicht zu den Waffen greifen - zumindest nicht gegen Israel, schon eher gegen die Extremisten unter den eigenen Leuten. Die einzige Stelle, an der wirklich Gefahr droht, ist Südlibanon. Der einseitige Rückzug Israels aus den dort besetzten Gebieten hat zwar relative Ruhe an diese Front gebracht, aber der Streit um die wenigen Quadratkilometer der Shebaa-Farmen bietet noch immer Gelegenheit zu Scharmützeln, aus denen dann eine Konfrontation mit der Regionalmacht Syrien, die die libanesische Politik kontrolliert, werden könnte.

Die Gelegenheit, Israel an dieser Stelle zu ärgern und die Reaktionen zu testen, hat Syrien denn bis vor kurzem auch weidlich genutzt. Bis die USA und die Europäer Bashar el Assad unmissverständlich klargemacht haben, dass sie Israel von einem Vergeltungsschlag nicht abhalten können und er damit eine kriegerische Auseinandersetzung riskiert. Daran ist der junge, unerfahrene syrische Herrscher jedoch nicht interessiert, er will sich eigentlich ganz auf die Konsolidierung seiner Macht im Inneren konzentrieren. Und so haben die Hisbollah-Vorstöße im Gebiet der Shebaa-Farmen denn Anfang Dezember auch prompt aufgehört, um Israel keinen Vorwand für einen massiven Militäreinsatz zu liefern.

So ist derzeit die größte Gefahr, dass in Libanon lebende Palästinenser ihren Landsleuten von Südlibanon aus zu Hilfe kommen wollen. Oder mit Gewaltakten die Palästinenserführung daran erinnern, dass sie, die Flüchtlinge von 1946 bis 1948, bei Verhandlungen nicht vergessen werden. Denn auch wenn viele der palästinensischen Flüchtlinge - in Beirut leben etwa 370 000 - nicht nach Israel zurückkehren würden, so wollen sie doch das theoretische Recht auf Rückkehr unbedingt erhalten. Gerade die endgültige Aufgabe dieses Prinzips hat jedoch Clinton in seinen Vorschlägen gefordert. Ein solcher Gewaltakt an der südlibanesischen Grenze hätte sofort eine heftige israelische Reaktion zur Folge. Dann wäre auch denkbar, dass Teheran seine Ankündigung, sich in eine kriegerische Auseinandersetzung einzumischen, wahrmachen würde.

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