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Tony Blair

© dpa

Nahost: Mission Langer Atem

Tony Blair soll einen „neuen Nahen Osten“ verwirklichen helfen. Konkrete Schritte, die die Palästinenser fordern, sind aber noch fern.

Der britische Ex-Premier Tony Blair hat mit seiner ersten Reise als Sondergesandter des Nahost-Quartetts in der Krisenregion unterschiedliche Reaktionen ausgelöst: große Hoffnung auf israelischer Seite, deutliche Forderungen von palästinensischer Seite. Die Chancen, dass Blair irgendeinen politischen Durchbruch erzielen kann, werden hingegen von allen Seiten als äußerst gering bezeichnet. Ein großer Erfolg wäre es schon, wenn Blair seinem beschränkten Mandat nachkommen könnte, den Aufbau der palästinensischen Wirtschaft und der zivilen Institutionen wirksam zu unterstützen.

Doch schon nach seinen ersten Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Ministerpräsident Salam Fayyad machte der PLO-Chefunterhändler Sajeb Erakat in Ramallah deutlich, dass seine Seite viel weitergehende Erwartungen hat.

„Wir stellten klar, dass wir nicht länger an Gesprächen, Deklarationen oder gar Initiativen interessiert sind. Wir sind an der Schaffung eines Mechanismus interessiert, um alle Ideen zur Gründung eines palästinensischen Staates umzusetzen.“ Es gehe um die „Beendigung der Besetzung“ und um einen „unabhängigen Staat Palästina in den Grenzen von 1967“. Es sei notwendig, dass endlich ein exakter Zeitplan für die Umsetzung der Pläne gefertigt und allseits genehmigt werde.

Blair hatte zu Beginn seiner zweitägigen Reise am Montag in Jerusalem Gespräche mit führenden israelischen Politikern von Regierung und Opposition geführt und sich auch mit dem neuen Staatspräsidenten Schimon Peres getroffen. Regierungschef Ehud Olmert hatte bereits im Vorfeld der Blair-Visite die Parole ausgegeben, man solle den Gast regelrecht umarmen, denn seine Mission sei eine große Chance. Noch weiter ging der stets optimistische Präsident Peres, von dem es in Jerusalem heißt, er traue Blair als Einzigem zu, seinen politischen Traum eines „neuen Nahen Ostens“ Wirklichkeit werden zu lassen – also einer friedlichen Koexistenz der Völker und enger wirtschaftliche Zusammenarbeit.

In Hintergrundgesprächen und Kommentaren beider Konfliktparteien werden Blairs Erfolgschancen aus mehreren Gründen als gering eingeschätzt: Würde die Bush-Regierung eine gute Chance wittern, so befände sich Außenministerin Condoleezza Rice in der Gegend und überließe nicht dem Sondergesandten des Nahost-Quartetts, dem neben den USA auch die EU, die UN und Russland angehören, den Glorienschein eines Friedensstifters. Bekanntlich hat Rice ihr Engagement in der Region erheblich reduziert, obwohl eine politische Regelung wohl nur mit US-Assistenz möglich sein dürfte. Bis zu den amerikanischen Wahlen und in den ersten Monaten danach sind – so die Kommentatoren – Blair erst einmal keine politischen Fortschritte zuzutrauen. Zudem verhindere die politische Spaltung der auch geografisch geteilten palästinensischen Gebiete in Hamastan (Gazastreifen) und Fatahland (Westjordanland) jeden vernünftigen Fortschritt oder gar einen Durchbruch.

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