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Nahost: Waffenruhe setzt Gewalt kein Ende

Nach der Ankündigung von Neuwahlen durch Palästinenserpräsident Abbas scheint die Gewalt im Gaza-Streifen nicht mehr zu stoppen. Sein Dienstsitz wurde am Sonntag dreimal mit Granaten angegriffen; mindestens drei Menschen starben.

Gaza - Nach der Ankündigung von vorgezogenen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in den Palästinensergebieten hat sich der Konflikt zwischen der regierenden Hamas und der Fatah-Organisation von Präsident Mahmud Abbas verschärft. Der Machtkampf zwischen beiden Gruppen entlud sich am Wochenende in einer Welle von Gewalt mit drei Toten und mehr als 30 Verletzten. Auslöser der neuerlichen Eskalation war Abbas' Neuwahlbeschluss vom Samstag, der ihm vor allem den Zorn der Hamas eintrug. Auch eine nach Angaben von ranghohen Palästinenservertretern vereinbarte Waffenruhe konnte der Gewalt zwischen den bewaffneten Gruppen beider Seiten zunächst nicht Einhalt gebieten.

Nach Angaben von Sicherheitskräften wurde am Sonntag dreimal auf den Dienstsitz von Abbas in Gaza geschossen. Den beiden ersten Angriffen mit Panzerabwehrraketen und Mörsergranaten waren Kämpfe zwischen Mitgliedern der Präsidentengarde und bewaffneten Hamas-Kämpfer in der Nähe des Gebäudekomplexes vorausgegangen. Dabei wurde nach Krankenhausangaben eine 19-jährige Palästinenserin getötet, mindestens vier Menschen wurden verletzt. Später wurde erneut Granaten auf die Gebäude gefeuert. Dabei wurde niemand verletzt.

Französischer Korrespondent verletzt

Bei Schusswechseln zwischen der Präsidentengarde und Kämpfern des bewaffneten Hamas-Arms in der Nähe von Abbas' Residenz in Gaza wurde der Korrespondent der französischen Tageszeitung "Libération", Didier François, verletzt. Wie ein AFP-Reporter berichtete, wurde der Journalist, den eine Kugel im Bein traf, im Krankenhaus behandelt. Unter den Verletzten war auch ein zehnjähriges Mädchen

Im Flüchtlingslager Dschabalija wurden nach Angaben von Zeugen und Sanitätern sieben Abbas-Anhänger verletzt, die für den Palästinenserpräsidenten demonstrierten. Mitglieder einer dem Innenministerium unterstellten Sicherheitstruppe hätten das Feuer auf die Demonstration eröffnet, hieß es.

Viele Tote bei Kämpfen

Bei einem Angriff auf ein Ausbildungslager der Präsidentengarde in Gaza kam am frühen Morgen ein Fatah-Mitglied um. Die Garde machte den bewaffneten Hamas-Arm für den Anschlag verantwortlich. Die Essedin-al-Kassam-Brigaden wiesen die Vorwürfe zurück und sprachen von "internen Kämpfen" zwischen bewaffneten Gruppierungen und Fatah-treuen Sicherheitsorganen. Nach dem Fund der Leiche eines Fatah-Offiziers machte die Organisation Hamas-Kämpfer für dessen Ermordung verantwortlich. Der 40-jährige Offizier der Sicherheitskräfte sei im Lager Dschabalija im südlichen Gazastreifen entführt und erschossen worden.

Am Sonntagabend gab der Palästinenservertreter Ibrahim Abu Nadscha, Chef eines sämtliche bewaffneten Gruppierungen kontrollierenden Komitees, die Vereinbarung einer Waffenruhe bekannt. Alle bewaffneten Palästinensergruppen, darunter von Hamas und Fatah, hätten sich darauf geeinigt, die Gewalt zu beenden, sagte Ibrahim Abu Nadscha. Ein Hamas-Sprecher sagte, die Vereinbarung sehe zudem vor, dass alle Bewaffneten von den Straßen verschwinden sollten. Ungeachtet dessen schossen in Gaza Hamas- und Fatah-Anhänger kurz darauf wieder aufeinander.

Abbas erörterte am Sonntag mit der zentralen Wahlkommission das weitere Vorgehen. Mit der Bekanntgabe eines Wahltermins wurde zunächst nicht gerechnet. Der Kommissionsvorsitzende Hassan Nasser sagte, das Gremium benötige 110 Tage zur Vorbereitung des Urnengangs ab dessen offizieller Bekanntgabe per Dekret. Abbas enger Vertrauter Jassir Abed Rabbo hatte am Samstag gesagt, die Abstimmung solle binnen drei Monaten stattfinden. Die Hamas hatte nach Abbas' Wahl-Ankündigung umgehend zu Protesten aufgerufen. Tausende Palästinenser folgten ihrem Aufruf und warfen Abbas Kollaboration mit Israel vor. Israel, die USA und die EU sagten Abbas ihre Unterstützung für Neuwahlen zu. (tso/AFP)

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