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Nairobi: Weitere Tote bei Protesten in Kenia

Das Europaparlament droht mit Sanktionen. Die Grünen-Politikerin und Afrikaexpertin Kerstin Müller fordert Neuwahlen.

Berlin - Sieben Menschen sind bei Demonstrationen in Nairobi gegen den umstrittenen kenianischen Präsidenten Mwai Kibaki am Donnerstag getötet worden. Am Mittwoch, dem ersten von drei Protesttagen, zu denen die Oppositionspartei ODM von Kibakis Gegenspieler Raila Odinga aufgerufen hatte, waren vier Demonstranten durch Polizeikugeln in der westkenianischen Stadt Kisumu gestorben. Offizielle Zahlen gibt es nicht, weil der Sprecher der kenianischen Polizei die Toten nicht als Anhänger der Opposition sieht sondern als „Kriminelle“.

Das Europäische Parlament forderte die Kommission auf, die EU- Budgethilfen für Kenia sofort zu stoppen. Im übrigen solle die Entwicklungshilfe – in den kommenden fünf Jahren rund 400 Millionen Euro – über Nicht-Regierungsorganisationen oder über die Privatwirtschaft ausgezahlt werden. Die Abgeordneten hatten zuvor scharf kritisiert, dass die EU am 28. Dezember, also einen Tag nach der Stimmabgabe, rund 40 Millionen Euro an die kenianische Regierung überwiesen hatte, obwohl noch kein Ergebnis der Präsidentschaftswahl vorlag.

Auch Raila Odinga, der sich um den Wahlsieg betrogen sieht, forderte die internationale Gemeinschaft zu Sanktionen auf. Dem britischen Sender BBC sagte er: „Das ist ein Weg, um Druck auf Herrn Kibaki auszuüben, damit er weiß, dass es kein Business as usual mit dem Rest der Welt geben wird, bevor er einer friedlichen Lösung der Krise zustimmt.“ Schon am Mittwoch hatten die 14 wichtigsten Geberländer Kenias in Nairobi eine Kürzung der Hilfen angedroht. Für die Gruppe, zu der Deutschland, Großbritannien und die USA gehören, kündigte der dänische Botschafter, Bo Jensen, an, die Mittel verstärkt über Nicht-Regierungskanäle auszuzahlen. Die Botschafter unterstützen die geplante Vermittlungsmission des früheren UN-Generalsekretärs Kofi Annan im Auftrag der Afrikanischen Union. Annan wird in wenigen Tagen in Nairobi erwartet.

Die grüne Bundestagsabgeordnete und Afrikaexpertin Kerstin Müller forderte von der internationalen Gemeinschaft, „Mwai Kibaki klarzumachen, dass seine Regierung illegitim ist“. Sie verlangte, die internationale Gemeinschaft dürfe „nicht den Hauch eines Verdachts hinterlassen, Kibaki zu präferieren“. Allerdings hätten sowohl die USA, als auch Großbritannien und die EU seit Beginn der Krise „widersprüchliche Signale“ ausgesendet, sagte sie dem Tagesspiegel. „Wir müssen verhindern, dass Kenia abgleitet.“ Das wäre verheerend für die ganze Region, aber auch für die gesamte Afrika-Politik des Westens, weil Kenia als demokratischer Vorreiter gegolten habe. „Derzeit ist offen, wie das ausgeht“, sagte sie mit Blick auf die drei Protesttage der Opposition.

Kerstin Müller ist davon überzeugt, dass die derzeitige Krise ohne eine Neuwahl nicht zu lösen ist. Eine Neuauszählung sei höchstwahrscheinlich sinnlos, weil die Wahlunterlagen nach Informationen des kenianischen Wahlleiters offenbar auch noch nach der Verkündung des umstrittenen Ergebnisses weiter verändert worden seien. Das Argument, eine Neuwahl könnte Kenia weiter destabilisieren kontert Müller mit dem Satz: „Wer für Demokratie ist, muss auch für Wahlen sein.“

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