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Politik: Nato warnt vor Sieg der Taliban

Der Oberkommandierende in Afghanistan kritisiert, der Wiederaufbau komme zu langsam voran

Der Oberkommandierende der rund 32 000 Nato-Soldaten in Afghanistan hat vor einem Sieg der Taliban gewarnt, wenn in den Wintermonaten nicht genügend Aufbauarbeit geleistet wird, um das Leben der Menschen spürbar zu verbessern. General David Richards sprach dabei von einer Frage des „jetzt oder nie“. 70 Prozent der Afghanen würden sich wieder den Taliban anschließen, wenn es nicht bald „konkrete und sichtbare“ Verbesserungen ihrer Lebensbedingungen gebe. Die Bevölkerung werde dann das „freudlose Leben“ unter den so genannten Gotteskriegern weiteren jahrelangen Kampfhandlungen vorziehen.

Eine Chance für eine Wende sieht der britische Kommandeur in den jüngsten militärischen Erfolgen gegen die Taliban und eine neue Taktik in der südlichen Provinz Helmand. Dort standen britische und kanadische Nato-Einheiten in den vergangenen Wochen fast ununterbrochen unter extremem Druck durch Talibanangriffe. Britische Soldaten waren in den nördlichen Distrikten Sangin, Musa Qala, Nawzad und Kajaki in exponierten Garnisonen förmlich festgenagelt. 16 britische Soldaten kamen bei Kämpfen ums Leben. Seit Beginn der Afghanistanmission 1991 haben die Briten 40 Soldaten verloren. Die ursprünglich breite Unterstützung der Öffentlichkeit für den Einsatz nahm deutlich ab.

Richards kritisierte die exponierte und unflexible Positionierung der Nato-Truppen. Sie soll auf Drängen von Präsident Hamid Karsai zurückgehen, der Präsenz auf dem Lande wünscht. Nach einem Treffen mit Stammesführern vereinbarte Richards, dass nun Stammesmilizen die Sicherung der Garnisonen übernehmen. Die als „Söldner“ angeheuerten Kämpfer erhalten nach einem Bericht der „Sunday Times“ zunächst 70 US-Dollar im Monat. Die Taliban bezahlen für ihre angeheuerten Kämpfer offenbar fünf Dollar pro Kampftag.

Richards hofft, dass sich die internationale Gemeinschaft jetzt auf den Wiederaufbau konzentriert. Doch von 20 dafür zuständigen britischen Zivilbeamten in Helmand sollen nur noch vier am Ort sein – die anderen wurden aus Sicherheitsgründen nach Kabul abgezogen. Der „Sunday Telegraph“ zitiert einen Armeeoffizier mit den Worten: „Wenn wir sie nicht von ihren Barbecues und Biergelagen in Kabul weglocken können, waren unsere Opfer in Helmand umsonst. Wir haben den Raum für Entwicklungsarbeit geschaffen, aber niemand ist hier, sie zu leisten.“

Nato-Kommandeur Richards reiste am Montag nach Pakistan zu Gesprächen mitPräsident Pervez Musharraf. Er soll die Verhaftung von Talibankommandeuren fordern, die in Pakistan Unterschlupf gefunden haben. Quellen aus dem britischen Verteidigungsministerium hatten dem pakistanischen Geheimdienst und Musharraf vorgeworfen, die Taliban zu unterstützen. Bisher fasste der Westen Pakistan mit Samthandschuhen an – aus Angst vor der Destabilisierung des Regimes in dem Land der „islamischen Atombombe“. Nun wollen die Nato-Staaten mehr Härte gegenüber Musharraf zeigen.

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