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Peer Steinbrück (SPD) muss sich derzeit vielen Fragen zu seinen Nebeneinkünften stellen.

© dpa

Nebenverdienste: SPD will jetzt auch mehr Transparenz

Nun will die SPD den Spieß umdrehen: Nach der Kritik an ihrem Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück fordern immer mehr Sozialdemokraten eine Verschärfung der Transparenzregeln für Bundestagsabgeordnete. Kommt die Partei damit aus der Defensive?

Von
  • Sabine Beikler
  • Hans Monath

Nach tagelanger Kritik von Union und FDP an den Nebeneinkünften des designierten SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück versuchen die Sozialdemokraten nun den Spieß umzudrehen und die Regierungsfraktionen in der Debatte um mehr Transparenz für Abgeordnete im Bundestag unter Druck zu setzen. „Wir wollen wissen, ob all die, die jetzt den Mund gespitzt haben, am Ende, wenn es konkret wird, dann auch pfeifen“, kündigte SDP-Generalsekretärin Andrea Nahles am Montag an. Schon kommende Woche, so verlangen die Sozialdemokraten und auch die Grünen, soll sich das Parlament mit dem Thema befassen.

Mit „neuen, erweiterten Vorschlägen“ werde die SPD auf die Regierungsfraktionen zugehen, kündigte Nahles an und verwies darauf, dass die Mehrheit der Abgeordneten, die eine Verschärfung der Transparenzregeln treffen würde, in den Reihen von Union und FDP sitzen. Die SPD habe kein Problem damit, dass Parlamentarier auf Euro und Cent angeben müssten, wie viel sie für ihre Nebenverdienste erhalten.

Die Signale aus der Union zur Ankündigung der SPD fielen am Montag uneinheitlich aus. Zwar zeigten sich sowohl CSU-Chef Horst Seehofer als auch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe grundsätzlich offen für eine schnelle Neuregelung der Transparenz für Nebeneinkünfte von Abgeordneten. Zugleich aber beharrte Unions-Fraktionschef Volker Kauder darauf, die Debatte über weitere Stufen für die Veröffentlichung von Nebeneinkünften und die Diskussion über Steinbrücks Rednerhonorare müssten getrennt werden. „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun“, sagte er.

Die Einführung detaillierterer Auskunftsregeln für die Nebeneinkünfte war zuletzt mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen abgelehnt worden. Der von der Rechtsstellungskommission des Bundestages ausgearbeitete Vorschlag sah vor, dass Nebeneinkommen gestaffelt von 10 000 bis über 150 000 Euro im Jahr veröffentlich werden sollen. Derzeit werden Nebeneinkünfte lediglich in drei Stufen bis 3500 Euro, bis 7000 Euro und darüber angegeben.

Rückendeckung erhält Steinbrück von anderen SPD-Politikern. „Es ist heuchlerisch, was die CDU/CSU macht. Die Spielregeln müssen für alle gelten“, sagte der Berliner SPD-Landeschef Jan Stöß dem Tagesspiegel. Das Stufenmodell sei „lächerlich. Ich wäre dafür, dass die Verdienste auf Heller und Cent angegeben werden. Man muss auch erkennen können, worum es bei den Nebenverdiensten ging“, forderte er.

Der bayerische SPD-Landeschef Florian Pronold sprach sich ebenfalls „für eine völlige Transparenz der Honorare“ aus. Juso-Chef Sascha Vogt begrüßte „jegliche Initiative für mehr Transparenz“ und sprach von „aufgeregtem Krakeelen von Schwarz-Gelb. Dass Steinbrück Vorträge gehalten hat, ist klar gewesen“.

Grünen fordern, dass Nebentätigkeiten „auf Euro und Cent“ veröffentlicht werden

Peer Steinbrück (SPD) muss sich derzeit vielen Fragen zu seinen Nebeneinkünften stellen.
Peer Steinbrück (SPD) muss sich derzeit vielen Fragen zu seinen Nebeneinkünften stellen.

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Rund 80 Reden hat Peer Steinbrück seit Beginn der Legislaturperiode 2009 gehalten. Für fast alle wurden ihm jeweils mehr als 7000 Euro Honorar überwiesen. Macht insgesamt mindestens 609 000 Euro neben seinen Bezügen als Ex-Minister. Die Liste von Steinbrücks bezahlten Nebeneinkünften wird noch länger durch die Veröffentlichung zweier Bücher und durch seine beiden Tätigkeiten im Aufsichtsrat der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA sowie der ThyssenKrupp AG. Für Thyssen-Krupp soll er nach Recherchen des Online-Portals „abgeordnetenwatch.de“ zwischen 130 000 und 230 000 Euro jährlich erhalten. Mit einem Garantiehonorar von geschätzten 250 000 Euro pro Buch hat Steinbrück demnach seit 2009 etwa eine Million Euro verdient.

Die Grünen fordern, dass Nebentätigkeiten künftig in mindestens zwölf Stufen oder „auf Euro und Cent“ veröffentlicht werden. Außerdem fordert die Fraktion eine Genehmigungspflicht für die Berufstätigkeit von ausgeschiedenen Regierungsmitgliedern, um Konflikte mit früheren Amtspflichten zu verhindern. Parteispenden sollen auf 100 000 Euro pro Person und Jahr beschränkt werden, und ein gesetzlich verbindliches Lobbyistenregister eingeführt werden.

Mehr Transparenz bei den Honoraren will auch die Linke – allerdings nicht nur aufseiten der Politiker. „Ich fordere die Deutsche Bank zur Transparenz über die an Peer Steinbrück gezahlten Vortragshonorare auf. Es muss klar werden, ob Steinbrück 14 000 oder 140 000 Euro für zwei Vorträge kassiert hat. Die Leute sollten wissen, wer Steinbrück zum Millionär gemacht hat. Steinbrück hat der Deutschen Bank als Finanzminister mit Steuergeld Milliardenrisiken aus den Bilanzen herausgekauft“, sagte Links-Parteichefin Katja Kipping dem Tagesspiegel. Die HRE-Verstaatlichung sei indirekt ein Rettungspaket für die Deutsche Bank gewesen. „Den verantwortlichen Finanzminister danach zu zwei fantastisch honorierten Vorträgen einzuladen, ist allemal auffällig. Jetzt muss sie offenlegen, wie viel sie Steinbrück dafür bezahlt hat.“

In den aktuellen Umfragen floss die Diskussion um die Nebenverdienste von Steinbrück nicht mit ein. Laut ARD-Deutschland-Trend von Infratest dimap im Oktober trauen zwei Drittel (66 Prozent) Steinbrück zu, dass er die Aufgaben eines Bundeskanzlers gut erfüllen kann. Die SPD-Anhänger stehen nahezu geschlossen hinter dem Kanzlerkandidaten. Steinbrück sei ein „markanter Politiker mit Profilspitzen“, sagte Richard Hilmer, Geschäftsführer von Infratest dimap. Allerdings habe er „mehr Probleme bei den Frauen“. Bei der Kanzlerfrage („Wen hätten Sie lieber als Kanzler?“) hätten sich 52 Prozent der Frauen für Merkel und 33 Prozent für Steinbrück ausgesprochen. Unter den befragten Männern lagen beide annähernd gleichauf.

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