zum Hauptinhalt
Den rund 1000 Neonazis standen etwa 2000 Demonstranten gegenüber. Hundertschaften der Polizei waren im Einsatz.

© Roland Weihrauch/dpa

Neonazi-Aufmarsch in Dortmund: Nur wenig Randale

Gegen den Marsch von 1000 Neonazis in Dortmund initiierten Aktivistengruppen vielfältige Protestaktionen. Zu größeren Ausschreitungen kam es nicht.

In Dortmund hatte sich die Polizei über Wochen auf brenzlige Situationen eingestellt. Neonazis aus ganz Deutschland hatten sich für Samstag zu einer Demonstration verabredet. Zu Gegenprotesten hatten Nazigegner aus dem ganzen Bundesgebiet, darunter auch viele Anhänger „autonomer Antifa-Gruppen“, aufgerufen. Die Polizei befürchtete schwere Ausschreitungen, doch diese blieben, bis auf kleine Scharmützel, aus.

Stattdessen prägten riesige, mit Luft gefüllte, silberne Würfel den Demotag in Dortmund. Das Schauspielhaus der Stadt hatte gemeinsam mit dem Künstlerkollektiv „Tools for Action“ und 14 „Schulen ohne Rassismus“ seit Monaten an diesen „Spiegelbarrikaden“ gearbeitet. Die Würfel sollten dazu dienen, den Protest aufzulockern und den Rechten einen Spiegel vorzuhalten. Die Künstler gaben ihre Würfel an die unterschiedlichsten Protestakteure aus.

So versuchten Demonstranten des zivilgesellschaftlichen „BlockaDo“-Bündnisses am Morgen, mit Würfeln voran durch eine Polizeiabsperrung zu gelangen. Die Polizei setzte hier schnell Pfefferspray ein und zerstörte die Kunstobjekte, teilweise mit Messern. Bei einer Demonstration des „Arbeitskreises gegen Rechts“, an der über 2000 Menschen teilnahmen, unter ihnen der Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau, wurden die Würfel als Schlange und Spielobjekt von Schülern getragen. Später wurde eine symbolische Mauer gebaut, um den Aufmarsch der Neonazis abzuschirmen.

Über den Protest gegen die Neonazis und „ausdrucksstarke Aktionen“ zeigte sich der Oberbürgermeister der Ruhrgebietsstadt am Abend erfreut: „Es waren gute Aktionen. Sie waren sehr erfolgreich. Dafür meinen herzlichen Dank.“

Verletzte Gegendemonstranten und Beamte

Kritik äußerten Stadtspitze und Polizei am „linksautonomen Spektrum“. Der Oberbürgermeister sprach von „Reisekadern“, deren „importierte Gewalt“ er genauso ablehne wie die Rechtsextremen. Tobias Schmidt vom Antifa-Bündnis „NoTddZ“ sieht dies anders. Er spricht von einem „polizeilichen Ausnahmezustand“ und davon, dass die Polizei Nazigegner nicht zu angemeldeten Versammlungen durchgelassen habe.

Außerdem soll es zahlreiche verletzte Demonstranten durch Polizeieinsätze gegeben haben. Einer Person soll mit dem Schlagstock der Arm gebrochen worden sein. Aber auch die Polizei beklagt verletzte Beamte. Abseits des eigentlichen Demogeschehens seien außerdem Einsatzfahrzeuge attackiert worden.

Die Neonazis der Partei „Die Rechte“, die einen Sitz im Stadtrat hat, können mit dem Aufmarsch zum „Tag der deutschen Zukunft“ – zumindest quantitativ – sehr zufrieden sein. Die Demonstration fand zum achten Mal statt, bisher in Nord- und Ostdeutschland, und hatte noch nie so viele Teilnehmer. Auch in Dortmund gab es in den letzten fünf Jahren keinen Aufmarsch in der Größenordnung von 1000 Rechtsextremen.

Über mehrere Kilometer konnten die Rechten ungestört demonstrieren, zum Großteil allerdings durch ein Industriegebiet. In Reden wurde die Opferzahl des Konzentrationslagers Buchenwald heruntergespielt und darauf verwiesen, dass, wer nicht „deutschen Blutes“ sei, im Land „nichts zu suchen“ habe. In der Nacht randalierten über 100 Neonazis im Stadtteil Dorstfeld, der als Nazihochburg bekannt ist.

Sebastian Weiermann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false