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Neonazi-Demo in Bad Nenndorf: Empörung über Beschluss des Verwaltungsgerichts

Das Verwaltungsgericht Hannover hat entschieden: Rechte dürfen demonstrieren, Linke nicht. Grund ist ein Mangel an Polizeikräften - der DGB hat Beschwerde eingelegt.

Von Maris Hubschmid

Bad Nenndorf/Hannover - Das Verwaltungsgericht Hannover hat am Donnerstagabend per Eilentscheidung eine für den Samstag in Bad Nenndorf geplante Demonstration von Neonazis erlaubt. Die vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) geplante Gegendemonstration bleibt dagegen verboten. Das von beiden Seiten angerufene Verwaltungsgericht begründete seine Entscheidung mit dem Erstanmelder-Privileg der Rechten, darüber hinaus sei „entscheidend“ gewesen, dass „offenkundig deutlich mehr gewalttätiges Potenzial aus dem linksautonomen Spektrum zu erwarten“ gewesen sei. Wegen eines polizeilichen Notstandes und der räumlichen Enge in dem kleinen Kurort bei Hannover hatte der Landkreis Schaumburg am Mittwoch noch beide Demonstrationen verboten. Das Verwaltungsgericht hingegen erklärte die Begründung für unzureichend und entschied, die rund 2000 eingeplanten Beamten könnten zumindest eine der beiden Veranstaltungen bewältigen. Da die Rechten ihre Versammlung zuerst angemeldet hatten, dürften sie demonstrieren.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat jetzt beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg Beschwerde gegen das Demonstrationsverbot eingereicht. Es sei fatal, dass ein Großaufmarsch von Rechtsextremen stattfinden dürfe und die Gegenkundgebung des DGB und des Bündnisses „Bad Nenndorf ist bunt“ nicht, sagte der Regionsvorsitzende Sebastian Wertmüller am Freitag in Hannover. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts in Hannover, dass die Gefahr vonseiten der DGB-Demo größer wäre als von rechts, finde er eigenartig. „Wir demonstrieren seit Jahren ohne jedes Problem“, sagte Wertmüller. Im vergangenen Jahr hatte ein Polizeisprecher die DGB-Demo mit den Worten zusammengefasst: „Das war ein bunter und friedlicher Demozug“.

Bereits zum fünften Mal veranstalten Neonazis in Bad Nenndorf einen so genannten „Trauermarsch“ zum Wincklerbad. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten britische Truppen in der Stadt ein Verhörzentrum eingerichtet, in dem es nachweislich zu Misshandlungen deutscher Häftlinge kam. Ende 2005 hatte der „Guardian“ erstmals über das War Crime Headquarter Bad Nenndorf berichtet, der NDR und die „Schaumburger Zeitung“ griffen dies auf. So erfuhr die örtliche Naziszene von dem Internierungslager und machte Bad Nenndorf zum Wallfahrtsort. Die Zahl der Teilnehmer stieg seit der ersten Demonstration im Jahr 2006 stetig. Aus Sicht des DGB geht es nun darum, die Neonazis daran zu hindern, in Bad Nenndorf langfristig eine Nachfolgeveranstaltung zu etablieren für die bis vor wenigen Jahren übliche Gedenkveranstaltung für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß in Wunsiedel. Diese war höchstrichterlich verboten worden. mit afp, dpa

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