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Politik: Neonazi-Gruß ist nicht strafbar

„Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ laut Bundesgerichtshof nicht mit NS-Parolen zu verwechseln

Karlsruhe/Berlin - Die Parole „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ ist nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe nicht strafbar. Mit dem am Donnerstag verkündeten Urteil hat der 3. Strafsenat des Gerichts drei Neonazis rechtskräftig freigesprochen. Die drei Angeklagten sind in der rechtsextremen „Kameradschaft Karlsruhe“ aktiv. Sie hatten die Parole auf dem Anrufbeantworter eines „Nationalen Infotelefon Karlsruhe“ verwendet, der für jedermann und zu jeder Zeit abhörbar war. Bei der Grußformel handelt es sich um eine abgewandelte Wortschöpfung. Die Waffen-SS hatte die Formel „Unsere Ehre heißt Treue“; die Hitler-Jugend verwendete die Parole „Blut und Ehre“. Das Landgericht Karlsruhe hatte die drei Angeklagten im Oktober 2004 wegen der Verwendung nationalsozialistischer Kennzeichen zu einem halben Jahr Freiheitsstrafe mit Bewährung beziehungsweise Geldstrafen verurteilt. Auf die Revision der Angeklagten hob der BGH das Urteil nun auf und sprach sie rechtskräftig frei.

In der Urteilsbegründung hieß es, die Parole „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ sei den im Nationalsozialismus verwendeten Parolen nicht zum Verwechseln ähnlich. Dies ist aber die Voraussetzung für eine Verurteilung. Eine „nationalsozialistisch klingende Parole ist nicht strafbar“, es müsse vielmehr eine „Verwechslung mit dem Original möglich sein“, sagte der Vorsitzende Richter Klaus Tolksdorf. Dieses Ergebnis könne zwar als misslich empfunden werden. Das aber könne es nicht rechtfertigen, über den Wortlaut und den Sinn des Gesetzes hinauszugehen. Die Bundesanwaltschaft hatte beantragt, die Angeklagten rechtskräftig zu verurteilen und ihre Revision zurückzuweisen. (Az: 3 StR 60/05)

Generalbundesanwalt Kay Nehm sieht nun den Gesetzgeber am Zug. Der müsse prüfen, ob eine „Strafbarkeitslücke“ vorliege, sagte seine Sprecherin. Die frühere Justizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger (FDP) sagte dem Tagesspiegel, man sei durch solche Urteile zwar immer berührt, aber sie sei zurückhaltend, was eine Gesetzesverschärfung angehe. „Hier stößt das Strafrecht an seine Grenzen, weil es nicht gelingen wird, alle Äußerungen in diesem Zusammenhang zu erfassen.“ Der Gesetzgeber könne dann immer nur „hinterherlaufen“. Sie verwies darauf, dass während ihrer Ministerzeit die Bestrafung der Verwendung von Nazi-Symbolen verschärft worden sei, doch habe man damals nicht jeden möglichen Spruch antizipieren können. Die FDP-Politikerin empfahl, sich politisch mit den Urhebern solcher Parolen offensiv auseinander zu setzen.

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) reagierte „mit Erstaunen und Befremden“. „Eine Ermunterung und Ermutigung für alle Bürger und insbesondere junge Menschen, die sich gegen die Aktivitäten der Neonazis in unserem Land wenden, ist dieses Urteil nicht“, erklärte er. Die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Undine Kurth, sagte: „Dass die Verherrlichung der Waffen-SS mit geringfügig geänderten Originalparolen der Waffen-SS in Deutschland nun legal ist, ist äußerst befremdlich.“

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