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Netzneutralität: Operation am offenen Netz

Die USA haben ihre Regeln zur Sicherung eines gleichberechtigten Internetzugangs verschärft. Eine Bevorzugung bestimmter Dienste ist nicht erlaubt. Was heißt das für User in Europa?

Die Entscheidung der US-Telekommunikationsaufsicht FCC (Federal Communications Commission) betrifft zunächst einmal nur die USA. Mit einer knappen Mehrheit von 3:2 Stimmen sprach sich die FCC für eine strikte Einhaltung der sogenannten Netzneutralität aus. Die Einrichtung von kostenpflichtigen Überholspuren auf der Datenautobahn wurde verboten, ebenso das gezielte Ausbremsen von Datenverkehr. Die FCC stufte den Zugang zum Internet ähnlich wie Wasser-, Strom- oder Telefonnetze als Teil der öffentlichen Grundversorgung ein. „Das Internet ist das ultimative Werkzeug für die freie Meinungsäußerung“, sagte FCC-Chef Tom Wheeler. Die Provider seien keine „Schleusenwärter“, die entscheiden, welche Inhalte im Netz verfügbar seien.

Die Betreiber gehen auf die Barrikaden

In den USA wird seit Jahren darüber gestritten. Vor allem große Kabelnetzbetreiber haben darauf hingewirkt, dass die Regeln gelockert werden. Denn in den USA haben die meisten Menschen einen Netzzugang über einen Kabelanbieter und die bieten parallel teure Pay-TV-Pakete an. Auf denselben Leitungen werden aber auch Angebote im Netz wie Streamingdienste durchgeleitet, das heißt, die Kabelbetreiber müssen der eigenen Konkurrenz die Tür öffnen. Und das wollten sie vermeiden, indem sie Geschwindigkeiten drosseln oder mehr Geld verlangen. Doch das geht nun vorerst nicht. Verizon, einer der größten Anbieter in den USA, kündigte bereits Klage an und kritisierte die Entscheidung in einer Stellungnahme in Schreibmaschinenschrift und datiert auf das Jahr 1934 als rückschrittlich. Dass sich die FCC nun gegen den Willen der Kabelbetreiber gestellt hat, ist auch ein Erfolg für US-Präsident Barack Obama, der für die Netzneutralität geworben hatte.

In Europa ist noch alles offen

Der Beschluss könnte aber auch Signalwirkung für Europa haben. In der EU wird derzeit über eine gesetzliche Regelung diskutiert. Denn bisher ist die Netzneutralität nur in Richtlinien festgehalten. Allerdings heißt es in deutschen Regierungskreisen, dass der Prozess im Moment stocke. Die Bundesregierung selbst hat sich für eine gesetzliche Verankerung ausgesprochen – allerdings mit Ausnahmen für Spezialdienste. „Innovationsfreundliches Internet heißt, dass es eine bestimmte Sicherheit für Spezialdienste gibt“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel im Dezember. Diese „Spezialdienste“ sollten bevorzugt durchs Netz geleitet werden. Allerdings geht es dabei weniger um kommerzielle Angebote wie beispielsweise Videodienste, sondern um Dienste im industriellen oder medizinischen Bereich, die darauf angewiesen sind, dass es kein Ruckeln gibt. Markus Beckedahl, Betreiber des Blogs „netzpolitik.org“, begrüßt die US-Entscheidung: „Herzlichen Glückwunsch. Es wäre ja schön, wenn unsere Politiker auch für ein offenes Netz stimmen und die passenden Regeln schaffen würden. Wir sagen einfach: Und jetzt die EU!“

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