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Hans-Georg Maaßen.

© REUTERS

Netzpolitik.org und Hans-Georg Maaßen: Das kann es noch nicht gewesen sein

Harald Range wurde entlassen. Doch auch auf andere, die in die Affäre verstrickt sind, ist der Druck hoch. Etwa auf Hans-Georg Maaßen, den Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz. Es muss mehr passieren. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Und, glaubt einer, dass das jetzt das Ende des Falles ist? Range weg, alles gut? Nein, noch lange nicht. Der Fall – Ermittlungen gegen investigative Journalisten wegen vermeintlichen Landesverrats – ist doch schon eine Affäre. Er bleibt es auch, so viele herausragend wichtige Personen, wie darin verstrickt sind.

Die Namen: Heiko Maas, Bundesjustizminister. Thomas de Maizière, Bundesinnenminister. Stefanie Hubig, Justiz- Staatssekretärin. Emily Haber, Innen- Staatssekretärin. Ein Abteilungsleiter des Innenministeriums. Und derjenige, der mit Harald Range im Zentrum der Affäre steht, auf den jetzt das grelle Licht der Öffentlichkeit gerichtet gehört: Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz.

Es ist doch maßgeblich Maaßen, auf den zurückzuführen ist, dass es zu Ermittlungen gegen den Blog „Netzpolitik.org“ und seine Betreiber gekommen ist. Maaßen hat Strafanzeigen gegen unbekannt gestellt, hat zugleich Namen genannt, hat Gutachten geliefert. Denn nur wenn es um Staatsgeheimnisse geht, kann der Generalbundesanwalt überhaupt aktiv werden; für einen Verrat von Dienstgeheimnissen wäre er gar nicht zuständig. Maaßen hat gedrängt – und Range dem Druck nachgegeben. Mephisto hatte seinen Faust gefunden.

Der Chef der Verfassungsschützer: hart und kompromisslos. Ein Radikaler, ein Scharfmacher. So wird er beschrieben. Schon aus vorherigen Verwendungen eilte ihm dieser Ruf voraus. Seine Rechtsauffassungen – höchst umstritten. Informationslecks müssen einem wie ihm geradezu ein Gräuel sein. Die schließen zu wollen, passt dazu. Wie sonst könnten die Verfassungsschützer weitestgehend ungestört im Geheimen arbeiten, zum Beispiel daran, die Überwachung im Internet auszubauen.

Es braucht ein neues Amt

Für Maaßen war Range Mittel zum Zweck. Freundlich gesagt. Manche drücken es derber aus. Range muss gehen – Maaßen kann bleiben? Maaßen, der als der eigentlich Schuldige gilt. Der Druck auf den zuständigen Minister für den Verfassungsschutz, den Bundesinnenminister, ist sowieso schon hoch. Er wächst aber noch, Tag für Tag. Die FDP ist empört, die Opposition, ein Teil der Koalition. Alle erwarten Konsequenzen. Maaßen ist politischer Beamter, wie Range. Er unterliegt Weisungen. Er kann entlassen werden, wie Range, wenn das Vertrauen nachhaltig gestört ist. Da ist diese Affäre. Da sind der NSA-Skandal und die NSU-Versäumnisse. Hat Thomas de Maizière noch Vertrauen in Hans-Georg Maaßen? Das Vertrauen, dass Maaßen sein Amt so ausfüllt, wie es von einem Hüter der Verfassung verlangt werden kann?

Hinter dieser Frage steht noch diese offene politische Dimension: Was wusste der Justizminister wann? Was wusste der Innenminister wann? Was taten oder unterließen beide Minister? Was wussten, taten oder unterließen ihre Staatssekretärinnen und deren Abteilungen? Das sind die Fragen, deren Hintergründe nicht im Dunkeln oder Halbschatten bleiben dürfen. Fragen, die dazu berechtigen, eine Untersuchung im Bundestag zu fordern, ob im Rechtsausschuss oder in einem Sonderermittlungsgremium. Ein Ergebnis sollte aber schon klar sein: Der Bundestag beschließt zur Kontrolle das Amt eines Geheimdienstbeauftragten, der wie der Wehrbeauftragte alles sehen, alles hören, alles sagen darf. Damit nicht jeder Fall eine Affäre wird.

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