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Neu-Delhi: Indien fürchtet neuen Terror

Knapp vier Wochen nach der Terrorattacke auf Bombay verschärft sich der Ton zwischen den Atommächten Indien und Pakistan. Delhi wirft Islamabad vor, einen Schmusekurs gegenüber den mutmaßlichen Hintermännern zu fahren und diese schützen zu wollen.

Indien halte sich "alle Optionen", auch militärische, offen, warnte Außenminister Pranab Muckerjhee den Nachbarn. Sein pakistanischer Amtskollege Shah Mahmood Qureshi konterte, Pakistan sei bereit, sich zu verteidigen. In Indien herrscht weiter Terrorangst. Goa untersagte die traditionellen Strandpartys zu Weihnachten und Silvester. Das auch bei Ausländern beliebte Urlaubsparadies gilt als potenzielles Anschlagsziel. Allerdings waren die wilden Massenfeiern der Regierung in Goa schon seit längerem ein Dorn im Auge. Sie bemüht sich seit einigen Jahren, die dröhnenden Rave- und Drogenpartys einzudämmen.

Delhis Drohkulisse gegenüber Pakistan dürfte dazu dienen, den Druck auf die Regierung in Islamabad zu verstärken. Auch die USA verlieren die Geduld. Pakistan müsse "sein Terrorproblem lösen", verlangte US-Außenministern Condoleezza Rice. Islamabad reagierte mit Ausweichmanövern. Zuerst versicherte Präsident Asif Ali Zardari, man werde die mutmaßlichen Drahtzieher des Bombay-Anschlags verfolgen. Dann ruderte er zurück und bezweifelte, dass der einzig überlebende Terrorist Ajmal Kasav Pakistaner sei - obgleich pakistanische Medien bereits seine Eltern ausfindig gemacht und interviewt hatten.

Stattdessen behauptete Zardari, Indien habe immer noch keine Beweise geliefert, dass der Bombay-Anschlag auf das Konto der pakistanischen Terrorgruppe Lashkar-e-Toiba (LeT) geht. Auch beim geplanten Verbot der LeT-Frontorganisation Jamaat-ud-Dawaa (JuD) machte Zardari einen Rückzieher. Die JuD unterhält Schulen und Hospitäler im Punjab und im pakistanischen Teil Kaschmirs. Diese sollen nun weiter operieren dürfen. Man vermutet, dass das Militär Zardari zurückgepfiffen hat. Nicht die zivile Regierung, sondern das Militär gilt in Pakistan als das wahre Machtzentrum.

Zardaris politischer Rivale, Nawaz Sharif, fuhr ihm öffentlich in die Parade. Es gebe keinen Zweifel, dass Kasav Pakistaner sei, sagte der Oppositionsführer. Dies ist bemerkenswert. Die USA hatten Zardari protegiert, weil Sharif den Religiösen näher steht als der Bhutto-Witwer. Bei dem Anschlag Ende November in Bombay waren 200 Menschen ums Leben gekommen. Die mindestens zehn Terroristen hatten sich in den beiden Nobelhotels Taj Mahal und Trident Oberoi sowie einem jüdischem Gemeindezentrum über 60 Stunden einen regelrechten Häuserkampf mit den Sicherheitskräften geliefert. Das Oberoi und der nicht zerstörte, neue Teil des Taj Mahal öffneten am Sonntag wieder ihre Tore. Delhi und Washington fürchten, dass die Terroristen alles versuchen werden, Indien erneut zu treffen. Ihr Ziel ist es offenbar, Indien in einen Krieg mit Pakistan zu treiben, da dies den Kampf gegen die Taliban in Pakistans Nachbarland Afghanistan schwächen würde.

Christine Möllhoff

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