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Neue Aktionen: Türkische Gaza-Helfer wollen weitere Schiffe schicken

Die islamisch-türkische Hilfsorganisation IHH will die israelische Blockade des Gazastreifens mit neuen Hilfsflotillen brechen. Den Vorwurf des Islamismus will die Organisation allerdings nicht auf sich sitzen lassen.

Wenn man Bülent Yildirim glauben kann, dann werden es die israelischen Sicherheitskräfte bald noch mit wesentlich mehr Schiffen mit Kurs auf Gaza zu tun bekommen. "Wir machen weiter, bis die Blockade aufgehoben wird", sagte der Chef der islamischen Hilfsorganisation IHH am Donnerstag in Istanbul. Zusammen mit mehr als 400 Aktivisten war Yildirim beim Sturm israelischer Elitesoldaten auf den internationalen Schiffskonvoi für Gaza Anfang der Woche festgenommen worden. Jetzt kehrten die Helfer nach Istanbul zurück - und kündigten an, so bald wie möglich weitere Schiffe loszuschicken.

Wie Helden wurden Yildirim und die anderen Aktivisten in Istanbul begrüßt. "Die Türkei ist stolz auf euch", riefen tausende Menschen, die sich zur Ankunft der Flugzeuge aus Israel in der Nacht am Istanbuler Flughafen versammelt hatten. Der türkische Vize-Premier Bülent Arinc war ebenfalls zur Stelle, um die Rückkehrer zu empfangen.

Die Leichen der neun bei der israelischen Attacke getöteten Aktivisten wurden von türkischen Gerichtsmedizinern untersucht, zur anschließenden Trauerfeier in der Nähe des IHH-Hauptquartiers im religiösen Fatih-Viertel von Istanbul kamen Tausende. "Wir sind alle Palästinenser", stand auf einem Schal, der bei der Trauerfeier in der Menge hochgehalten wurde. "Märtyrer" werden die Toten genannt.

Alle neun Opfer seien erschossen worden, eines aus nächster Nähe, erklärten die Fachleute der Gerichtsmedizin. Acht der Todesopfer waren Türken, der neunte ein türkischstämmiger US-Bürger. Bisher war nur von vier türkischen Opfern die Rede gewesen. "Die Türkei wird dies niemals vergessen oder verzeihen", sagte Staatspräsident Abdullah Gül. Er dürfte den meisten seiner Landsleute aus dem Herzen gesprochen haben.

Angesichts der weit verbreiteten Wut der Türken auf Israel sind neue Aktionen für Gaza wahrscheinlich. Noch viel mehr Schiffe als die sechs des ersten Konvois würden auf die Reise geschickt, rief IHH-Chef Yildirim seinen Anhängern zu. Die Hilfslieferungen würden fortgesetzt, bis Israel seine 2007 gegen den Gazastreifen verhängte Blockade aufhebe. Yildirims Stellvertreter Yavuz Dede sagte, die Israelis müssten mit bis zu 50 Schiffen rechnen. "Wir erhalten Unterstützung aus der ganzen Welt." Wann eine neue Flottille ablegen soll, steht noch nicht fest.

Sicher ist dagegen, dass die Stiftung für Menschenrechte, Freiheit und Humanitäre Hilfe (IHH) seit dem israelischen Angriff so populär ist wie nie. Ganze Familien kommen ins IHH-Hauptquartier, um zu spenden. Ein türkisch-deutsches Ehepaar mit drei Kindern etwa sagt, es wolle den Menschen in Palästina helfen. "Schlecht und wie gelähmt" habe sie sich gefühlt, als die die Fernsehaufnahmen vom israelischen Angriff im Fernsehen gesehen habe, sagt die Frau. Ihren Namen möchte sie nicht nennen.

Nur langsam regt sich Kritik an der IHH oder an der Regierung. Einige Zeitungen stellen die Frage, warum Ankara der Stiftung erlaubte, die Schiffe trotz aller Warnungen Israels in See stechen zu lassen. Möglicherweise habe die religiös-konservative Regierungspartei AKP ihrer islamischen Basis gefallen wollen, wird spekuliert.

Israel wirft der IHH vor, ein Hort islamischer Extremisten zu sein, die radikale Organisationen wie Hamas unterstütze. Tatsächlich unterhält die zur Hilfe für die Opfer des Bosnien-Krieges in den neunziger Jahren gegründete Stiftung ein Büro im Gaza-Streifen, das auch mit den seit 2007 dort herrschenden Hamas-Vertretern in Kontakt steht.

Den Islamismus-Vorwurf will die Organisation dennoch nicht auf sich sitzen lassen, sie distanziert sich von Gewalt. Wohltätigkeit gehörte zu den Grundsätzen des Islam, sagen IHH-Vertreter: In 120 Ländern der Erde, darunter vielen christlichen Nationen, sei die Stiftung tätig. Sie verweisen darauf, dass die Stiftung nicht nur den Muslimen in Gaza hilft, sondern auch Menschen verschiedenster Religionen in Afrika und zuletzt im Erdbebengebiet von Haiti. "Dort haben wir Hilfsgüter für eine Million Dollar verteilt", sagt IHH-Vize Dede. "Und zwar in einer Kirche."

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