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Politik: Neue kirgisische Führung kündigt Wahlen an

Einen Tag nach dem Sturz der kirgisischen Staatsführung hat die Opposition am Freitag eine Übergangsregierung gebildet und Präsidentschaftswahlen für Juni angekündigt. Als Reaktion auf eine blutige Nacht in der Hauptstadt Bischkek drohte die neue Führung Plünderern außerdem mit harten Strafen.

Bischkek/Moskau (25.03.2005, 17:11 Uhr) - Aus Geheimdienstkreisen verlautete, bei den nächtlichen Krawallen seien bis zu 15 Menschen getötet und mehr als 350 verletzt worden. Der bisherige Präsident Askar Akajew ist nach 15 Jahren an der Macht offenbar ins Ausland geflohen. Sein genauer Aufenthaltsort war weiter unbekannt.

Nachdem tagsüber Ruhe eingekehrt war, trieb die Polizei am Freitagabend mehrfach Menschenansammlungen vor Kaufhäusern mit Warnschüssen auseinander. Es gab widersprüchliche Angaben darüber, ob in Bischkek eine nächtliche Ausgangssperre verhängt wurde.

Bundesaußenminister Joschka Fischer äußerte große Besorgnis über die instabile Lage in dem zentralasiatischen Land. Im Vordergrund müsse nun zunächst eine Stabilisierung auf Grundlage eines möglichst breiten nationalen Konsenses stehen, um den Weg für eine demokratische Entwicklung freizumachen.

Russlands Präsident Wladimir Putin kritisierte den Umsturz in Bischkek als unrechtmäßig und bot Akajew Asyl an. Er sei jedoch bereit, mit der neuen Führung zusammenzuarbeiten, sagte Putin.

US-Außenministerin Condoleezza Rice sprach sich für baldige Wahlen in Kirgistan aus. «Wir wünschen uns einen Prozess, der zu Stabilität führt und wo dann Wahlen abgehalten werden können», sagte Rice.

Der amtierende Regierungschef Kurmanbek Bakijew, der laut Verfassung auch provisorisch das Amt des Staatspräsidenten bekleidet, präsentierte eine Koalitionsregierung aus bisherigen Oppositionskräften. Als Innenminister wurde Ex-Generalstaatsanwalt Maktebek Abdyldajew vorgeschlagen. Die ehemalige Außenministerin Rosa Otunbajewa soll ihr Amt behalten.

Der politisch ambitionierte Ex-Geheimdienstchef Felix Kulow, der am Donnerstag nach vier Jahren aus dem Gefängnis freigelassen worden war, wird in der Regierungsliste nicht aufgeführt, gilt aber als einflussreich. Kulow warnte, weitere Plünderungen würden nicht hingenommen.

Viele Oppositionskräfte zeigten sich auch am Tag nach dem Umsturz überrascht von dem Zusammenbruch der alten Staatsmacht. Nach der Parlamentswahl Ende Februar hatte die Opposition anfangs im Süden des Landes und später auch im Norden gegen Wahlfälschungen protestiert. Der Familienclan um Akajew wurde auch der Korruption beschuldigt.

Die Agentur Interfax meldete zunächst, Akajew halte sich in einem Kurort in Nordkasachstan auf. Am Abend hieß es, er habe Kasachstan mit unbekanntem Ziel verlassen. Die kirgisische Agentur Kabar veröffentlichte am Freitag eine angebliche E-Mail Akajews, in der von einem Putsch spricht und betont, er sei weiter im Amt. Sein gegenwärtiger Aufenthalt im Ausland sei nur vorübergehend.

Nach Einschätzung westlicher Diplomaten trug die alte Staatsführung entschieden zur Eskalation der Ereignisse am Donnerstag bei. Schlägertrupps der Sicherheitsdienste hätten die bis dahin friedlich demonstrierenden Oppositionsanhänger mit Holzknüppeln und Steinen attackiert, berichteten Augenzeugen. Die Regimegegner hätten sich zur Wehr gesetzt und seien dann in den von der Polizei nur halbherzig geschützten Regierungssitz vorgedrungen.

Vertreter der alten Macht äußerten die Besorgnis, dass Kirgistan im Chaos versinke. «Ich habe Angst, dass unser Land bald von Menschen ohne Sinn für Realität regiert wird», sagte Osmonakun Ibraimow. Der Chefideologe Akajews war unmittelbar vor der Erstürmung des Regierungssitzes zurückgetreten. In den vergangenen Tagen habe er vergeblich versucht, Akajew zu Verhandlungen mit der Opposition zu bewegen, betonte Ibraimow. (tso) ()

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