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Sie mischen sich ein – aber weniger in Parteien, mehr in Bürgerinitiativen. Foto: pa/dpa

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Neue Studie: Die engagierten Bürger

Studien zeigen: Politik interessiert unverändert. Die Parteien verlieren, kleinere Organisationen gewinnen.

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Berlin - Der anhaltende massive Mitgliederverlust beider Volksparteien wie der gewerkschaftlichen Organisationen gilt gemeinhin als Nachweis einer politikverdrossenen Bevölkerung. Eine neue Studie des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB) zeigt jetzt das Gegenteil. Die Mitgliedschaft in gesellschaftlichen Organisationen sinkt in absoluten Zahlen gar nicht. Die Bürger wandern nur ab von den großen, hin zu kleinen Organisationen, kleine Parteien werden relativ gesehen stärker und Umweltorganisationen sind auf Expansionskurs.

In den Jahren 1991 bis 2009 hat der DGB 40 Prozent seiner Mitglieder verloren. Ebenso groß sind die Verluste der Parteien, nur Grüne, Linke und FDP konnten zuletzt zulegen. Dagegen sind Umweltorganisationen wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Naturschutzbund (Nabu) und Greenpeace im Aufwind. Sie haben seit 1991 bei den Mitgliederzahlen zusammen um 60 Prozent zugelegt.

Die Gesamtzahl von Mitgliedschaften in gesellschaftlichen Organisationen lag 1991 bei 6,39 Millionen. Für 2009 zählten die Wissenschaftler 6,43 Millionen Mitgliedschaften. Die innere Verschiebung bewirkt noch eine weitere Veränderung. Während der Akademikeranteil unter den gesellschaftlich Engagierten deutlich gestiegen ist, bringen sich Arbeiter immer weniger ein. Auch junge Erwachsene zeigen etwas weniger Interesse. Der Mittelstand „und vor allem die Bildungselite“ würden zunehmend in den Organisationen dominieren.

Aus anderer Perspektive, aber mit ähnlichen Schlussfolgerungen nahm sich die Linksfraktion im Bundestag des Themas an. In ihrem Auftrag befasste sich der ehemalige PDS-Abgeordnete Carsten Hübner mit einer „neuen Bürgerrechtsbewegung“ in Deutschland. Er kam zu dem Schluss, dass Themen wie Datenschutz und persönliche Freiheitsrechte auf wachsendes Interesse bei einer „internetaffinen, jungen und gebildeten“ Zielgruppe stoßen. Engagieren würden sich keineswegs nur „Internetfreaks“, die Bewegung sei vernetzt auch mit klassischen Bürgerrechtsorganisationen wie Naturfreundejugend, Attac oder Anwaltsverein.

Parteien haben es der Analyse zufolge nicht vermocht, die Bewegung so stark zu machen, dass Gesetzesvorhaben wie die Onlinedurchsuchungen oder die Vorratsdatenspeicherung im Vorfeld verhindert werden konnten. Stattdessen sei die Politik oft „fixiert auf das Bundesverfassungsgericht“, sagte der Linken-Abgeordnete Jan Korte. „Das ist ein Ausdruck der eigenen Schwäche.“ Hübner sagte, viele Wähler der Linken seien beim Thema Bürgerrechte skeptisch, besonders in Ostdeutschland. Es fehle der Linkspartei bisher an „ausgereiften Positionen“, um zu vermitteln, dass sie mit ihren Forderungen an die konkreten Lebensbedingungen der Bevölkerungsmehrheit anknüpft.

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