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Neuer Bundespräsident: Was von Wulff zu erwarten ist

Am heutigen Freitag wird Christian Wulff als neuer Bundespräsident während einer gemeinsamen Sitzung des Bundestags und des Bundesrats vereidigt. Was ist von ihm zu erwarten?

Wo er wirken wird, davon konnte er sich inoffiziell bereits am Donnerstag ein Bild machen: Christian Wulff und seine Frau Bettina nahmen den Dienstsitz des Bundespräsidenten in Augenschein – darunter auch das Amtszimmer des Präsidenten, das im linken Flügel von Schloss Bellevue liegt und dessen nüchterne Biedermeier-Atmosphäre wenigstens durch den schönen Blick in den Schlosspark aufgelockert wird. Auch Sicherheitsfragen wurden dem Vernehmen nach geklärt.

Weitaus offener ist dagegen die Frage nach dem Wie. Wie Christian Wulff das Amt verstehen will und welche Prägung er ihm geben will, darüber hat er sich in seiner auffallend kurzen Ansprache nach seiner Wahl noch nicht detailliert geäußert. Einen Schwerpunkt hat er immerhin genannt: Die Integration, den Zusammenhalt – zwischen Ost und West und zwischen allen Bürgern des Landes, also auch den Zuwanderern. „Wenn wir gemeinschaftliches Leben in Frieden, Freiheit und Wohlstand wollen, dann brauchen wir alle Menschen in unserem Land, jede und jeden dort, wo er sich einbringen möchte. Und Parallelgesellschaften in unserem Land verhindern wir am ehesten dadurch, dass wir aufeinander zugehen und nicht aneinander vorbeileben“, hat Wulff gesagt – und angekündigt, darüber am heutigen Freitag nach seiner Vereidigung zu sprechen. Wulff kehrt damit zu einem präsidialen Leitbild zurück, das vor allem seine Vorgänger Johannes Rau und Roman Herzog immer wieder beschworen haben: Beide verstanden ihr Amt als „Integrationsagentur“ – zum einen, um Bürger und Politik wieder näherzubringen, zum anderen, darauf hat vor allem Johannes Rau wiederholt hingewiesen, um Integration und Zuwanderung als positives und sinnstiftendes Element zu verstehen. „Ohne Angst und Träumereien“ – die erste „Berliner Rede“ von Rau zur Integration hat auch Wulff wiederholt als Ansporn verstanden.

Einen anderen Akzent hat Wulff, dem der bisherige Chef der niedersächsischen Staatskanzlei, Lothar Hagebölling, als Chef des Präsidialamtes zur Seite stehen wird, bereits vor seiner Wahl anklingen lassen: Wulff will ausdrücklich nicht in die Politik „hineinfunken“; er sieht sich stattdessen eher als Vermittler. Das unterscheidet Wulff grundsätzlich von seinem Vorgänger Horst Köhler. Vor allem in dessen erster Amtszeit hatte Köhler sein Amt wiederholt als Korrektivorgan verstanden und sich auch in Einzelfragen der Politik eingemischt – obwohl ihm dazu die Machtbefugnisse fehlten. Köhler sah sich explizit nicht als Vermittler, sondern ging wiederholt zu Politikern und deren Entscheidungen auf Distanz. Das brachte ihm medialen Beifall ein und machte ihn zu einem der beliebtesten Amtsträger des Landes – es führte ihn aber auch schnell an seine Grenzen. In den letzten Wochen seiner Amtszeit machte er den Eindruck eines Missverstandenen, der sich darüber beschwerte, dass ausgerechnet er als Oberkritiker der politischen Verhältnisse plötzlich selbst wegen unklarer Äußerungen zum Afghanistan-Einsatz in die Kritik geriet.

Wulff will es dazu erst gar nicht kommen lassen – und sein Amt wieder grundsätzlich verstehen, als „Denkfabrik“, wie er kürzlich sagte.

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