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Politik: Neuer Makler für Nahost

Ankara will zwischen Israel und Palästinensern vermitteln / Peres und Abbas im türkischen Parlament

Die Szene war wie ein Wunschbild für Ankara: Der israelische Staatspräsident Schimon Peres und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas reichten sich am Dienstag in der türkischen Hauptstadt lächelnd die Hände, und zwischen ihnen stand ein strahlender türkischer Staatspräsident Abdullah Gül, der die Hände der beiden anderen Staatsmänner ergriff und die Versöhnungsgeste noch verstärkte: die Türkei als Mittler.

Die Zusammenkunft von Gül, Peres und Abbas war voller solcher symbolischer Momente. So besuchten die drei Präsidenten das Plenum der türkischen Nationalversammlung. Dort sprach Peres als erster israelischer Staatspräsident im Parlament eines muslimischen Landes. Auch Palästinenserchef Abbas wandte sich an die Abgeordneten – ebenfalls eine Premiere.

In seiner auf Hebräisch gehaltenen Rede würdigte Peres die Türkei als einen Staat, der bei der „historischen Chance“ der bevorstehenden Nahostfriedenskonferenz im amerikanischen Annapolis eine wichtige Rolle spielen könne; Peres nannte die Türkei einen „Partner“ für Annapolis. Auf Arabisch lobte auch Abbas die Türkei als engen Verbündeten der Palästinenser. Beide Präsidenten bekannten sich zu einer gerechten Friedenslösung für den Nahen Osten.

Der türkische Beitrag zum Nahostfriedensprozess soll sich aber nicht in symbolträchtigen Treffen erschöpfen. Im Beisein von Peres, Abbas und Gül wurde in Ankara auch ein von türkischen Unternehmern eingefädeltes Übereinkommen über die Errichtung eines Industriegebietes im Westjordanland unterzeichnet, mit dessen Hilfe die hohe Arbeitslosigkeit in den Palästinensergebieten bekämpft werden soll.

Indem sie Israelis und Palästinenser zusammenbringt, will sich die Türkei als Vermittlerin im Nahostkonflikt profilieren. Kurzfristiges Ziel der Türken ist es, nach Annapolis eingeladen zu werden, was bisher aber nicht geschehen ist. Ankara sehe sich selbst als „Dreh- und Angelpunkt für viele Kontakte“, sagte ein europäischer Diplomat: Die Türkei ist eines der wenigen Länder der Region, die gute Beziehungen zu den Arabern, zu Israel und zu den Palästinensern haben; auch das Verhältnis der Türkei zu Syrien hat sich in den vergangenen Jahren erheblich verbessert. Beim Nahostengagement schwingt für die Türken auch die Erinnerung an die Zeit des Osmanischen Reiches mit, das die Region über Jahrhunderte beherrschte und – so sehen es jedenfalls die Türken – für Harmonie zwischen den verschiedenen Völkern und Religionen sorgte.

Doch so ganz einfach ist die Rolle des ehrlichen Maklers für Ankara nicht: So zeigten sich mit Blick auf den Konflikt mit dem Iran große Differenzen zwischen den Partnern Türkei und Israel. Während Peres den Vorwurf zur Sprache brachte, der Iran unterstütze den internationalen Terrorismus und strebe den Bau von Atomwaffen an, bemühte sich Gül um versöhnlichere Töne. Jedes Land habe das Recht zur friedlichen Nutzung der Atomenergie, sagte er. Peres sprach öffentlich von Meinungsunterschieden zwischen Israel und der Türkei, die seit mehr als zehn Jahren eng zusammenarbeiten. Auch ein anderer Hauptverbündeter der Türkei, die USA, haben die türkische Iranpolitik in jüngster Zeit mehrfach kritisiert. Der Nahe Osten ist auch für die Türkei ein schwieriges Pflaster.

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