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Auf dem Weg. Die Zahl der Organspender ist in Deutschland trotz Coronakrise gestiegen.

© dpa

Neuer Minusrekord: Zahl der Organspender weiter gesunken

Der Rückgang bei den Organspenden hat sich verlangsamt. Doch so wenige wie im vergangenen Jahr waren es noch nie.

Die Zahl der gespendeten Organe in Deutschland einen neuen Tiefststand erreicht. Nach den Manipulationen bei Spenderlisten und Organentnahmen und den anhaltenden Debatten darüber sank sie im vergangenen Jahr um weitere 1,5 Prozent von 3035 auf 2989. Die Zahl der Organspender erreichte mit 864 ebenfalls einen neuen Minusrekord, sie verringerte sich um 1,4 Prozent. Und bei den Transplantationen war der Rückgang noch deutlicher: Er betrug 2,4 Prozent, die Zahl der erfolgten Organübertragungen aus dem Eurotransplant-Verbund sank von 3248 auf 3169.

Experte nennt Situation "sehr bedrückend"

Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) übte sich dennoch in Optimismus. 2013 und 2012 sei die Spenderzahl noch um 16,3 Prozent beziehungsweise 12,8 Prozent eingebrochen, erinnerte Axel Rahmel, der Medizinische Vorstand der Stiftung. Nun habe sie sich „auf niedrigem Niveau stabilisiert“.

Gleichwohl seien die Zahlen für die Patienten auf der Warteliste und ihre Angehörigen „nach wie vor sehr bedrückend“, da die Wartezeit aufgrund der niedrigen Zahl an Spenderorganen länger werden und die Chance auf eine Transplantation abnehmen könne.

Weniger Patienten auf Wartelisten

Nach Angaben der Stiftung Eurotransplant im niederländischen Leiden warten in Deutschland derzeit 10 585 Patienten auf ein Spenderorgan. Diese Zahl übersteigt die der zur Verfügung stehenden Spenderorgane nach wie vor erheblich, hat sich aber ebenfalls verringert. 2013 standen noch 10 784 Menschen auf den Wartelisten, 2012 waren es sogar 11 233.

Worauf dies zurückzuführen ist, sei unklar, sagte DSO-Sprecherin Birgit Blome dem Tagesspiegel. Möglicherweise spielten geringere Erfolgsaussichten eine Rolle. Und es sei anzunehmen, dass nach den Skandalen auch die Ärzte bei ihren Anträgen vorsichtiger geworden seien. Auffällig ist insbesondere der Patientenrückgang auf den Listen für Lebertransplantationen.

In Brandenburg sank die Zahl um ein Viertel

Im Ländervergleich ist der Rückgang uneinheitlich. So sank die Zahl der Spenderorgane in Brandenburg um ein Viertel – von 100 auf 74. In Hessen verringerte sie sich um 22 Prozent (von 250 auf 195), in Nordrhein-Westfalen um 15 Prozent (von 703 auf 599). In Hamburg dagegen stieg sie um 30 Prozent (von 133 auf 173), in Bremen sogar um 46 Prozent (von 45 auf 66). In Berlin blieben die Zahlen mit 44 Spendern und 156 Spenderorganen nahezu konstant.

Im internationalen Vergleich bleibt Deutschland mit den neuesten Zahlen weit abgeschlagen. 2014 kamen hierzulande auf eine Million Einwohner gerade einmal 10,7 Spender. Der Durchschnitt der Europäischen Union liegt bei 19,5. Die USA kommen auf 25, der Spitzenreiter Spanien sogar auf 36 Spender.

"Gleiche Regeln für alle Empfänger"

Die 80 Millionen Euro, die von den Krankenkassen in Kampagnen gesteckt wurden, hätten offenbar wenig gebracht, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Er forderte bessere Information sowie mehr Transparenz und staatliche Kontrolle der Transplantationsmedizin. „Die Bevölkerung will sicher sein, dass die Regeln für alle Empfänger gleich sind“, sagte er der Katholischen Nachrichtenagentur.

Aus den Manipulationen seien richtige Konsequenzen gezogen worden, hielt die DSO dagegen. So seien jetzt mindestens drei Mediziner eingebunden, wenn Patienten auf Wartelisten gesetzt würden.

Schärfere Strafen für Manipulationen

Die Kliniken würden regelmäßig überprüft. Die Strafen seien verschärft, die Krankenkassen dazu verpflichtet worden, jeden Versicherten regelmäßig über Organspenden aufzuklären. Und alle Entnahmekliniken hätten nun Transplantationsbeauftragte.

Allerdings spielen für die Zahl der Organentnahmen auch andere Faktoren eine Rolle: die Zahl der Hirntoten in den Kliniken etwa, veränderte Therapieverfahren oder auch die steigende Zahl von Patientenverfügungen. Denn wer für sich selber lebensverlängernde Prozeduren in der Intensivmedizin ausschließt, eignet sich dadurch oft auch nicht mehr als Organspender.

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