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Politik: Neuer Pilot, gleicher Kurs

Rajoy galt vor den Anschlägen als Favorit für Aznars Nachfolge

Madrid. So hatte sich der Favorit in der spanischen Parlamentswahl das Ende des Wahlkampfes zweifellos nicht vorgestellt: In allen vor dem Terrortag veröffentlichten Umfragen wurde Mariano Rajoy (48) als künftiger Regierungschef Spaniens gehandelt. Nun wagt niemand mehr eine Voraussage. Der konservative Spitzenkandidat, ein Ziehsohn des scheidenden Ministerpräsidenten Jose Maria Aznar (51), hofft jedoch, dass die bitterste Stunde des demokratischen Spaniens seine Siegchancen nicht trüben wird. In den vergangenen acht Jahren durchlief er fünf Ministerressorts, darunter das Innenministerium, das den Kampf gegen die Eta anführt.

In vielerlei Hinsicht scheint Rajoy nach dem Bilde seines Meisters geraten. Er gilt als langweiliger Redner ohne Charisma, als loyales Gewächs des Parteiapparats. Wie Aznar ist er Jurist, er arbeitete als Grundbuchbeamter (Aznar als Steuerinspektor) und hat mehr das Image eines effizienten Bürokraten denn eines mitreißenden Vaters der Nation. Das Fazit der Parteipresse: „Der Pilot wechselt, der Kurs nicht." Gleichwohl könnte sich der Stil der Konfrontation ändern. Aznar spaltete in den Augen vieler Spanier sein Land mit Überheblichkeit und übertriebener Härte. Hier hebt sich Rajoy auch nach Auffassung seiner Gegner angenehm ab. Der Neue gilt als besonnen, dialogbereit, versöhnlich und klug. Dies wird auch jene europäischen Regierungschefs freuen, die mit Aznar, Europas „Senor No“, öfter aneinander gerieten.

Rajoy agierte mehrfach als „Feuerwehrmann“, wenn es für Aznar eng wurde. Als sich nach dem Untergang des Tankers Prestige Ende 2002 an Spaniens Atlantikküste die schwerste Ölpest der europäischen Geschichte ausbreitete, schaffte es Rajoy, die Empörung über Fehler und Pannen der Aznar-Mannschaft durch rhetorischen Schaum einzudämmen. Ein ähnliches Rettungsmanöver gelang ihm als Regierungssprecher während des Irakkrieges, als Aznars Popularität wegen seiner Parteinahme für George W. Bush vorübergehend ins Bodenlose fiel. ze

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