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Politik: Neuer Plan, alter Krieg

Von Malte Lehming

Die Frau von George W. Bush heißt Laura, sein Hund Barney. Und so begab es sich, dass der US-Präsident hochrangigen Republikanern im Weißen Haus zum Thema Irak sagte: „Ich werde nicht zum Rückzug blasen, selbst wenn Laura und Barney die einzigen sein sollten, die mich noch unterstützen.“ Der Satz ist verbürgt. Nun, sehr viel größer ist die Gruppe derer, die heute auf Bushs Seite stehen, nicht mehr. Seine Landsleute haben sich von ihm abgewandt, sie sind es leid, die ewig gleichen Durchhalteparolen zu hören. Das Debakel begann mit den vielen Begründungen zur Invasion – Massenvernichtungswaffen, Terrorunterstützung, Demokratisierung –, die sich im Licht der Wirklichkeit als Hirngespinste zeigten. Und es endete nach Dutzenden angeblich guter Nachrichten, durch die sich das Blatt endlich wenden würde – Saddam Hussein gestürzt, seine Söhne getötet, Mission erfüllt, Saddam geschnappt, erste freie Wahlen. Anschließend wurde dann immer alles schlimmer statt besser.

Selbst dem stursten Optimisten trieb das die Hoffnung aus, dass sich durch irgendeinen famosen neuen Plan die Lage ändert. Wahrscheinlicher ist stattdessen ein Bürgerkrieg, in den sich Iran, Saudi-Arabien, Syrien, Jordanien und die Türkei einmischen. Wenn es ganz schlecht läuft, wird aus dem Irak sogar eine Art überdimensioniertes Taliban-Afghanistan, beherrscht von Islamisten, die allerdings, im Unterschied zu den Taliban, über ziemlich viel Öl verfügen. Längst also geht es für die USA nicht mehr um die Errichtung einer stabilen Demokratie, die von Bagdad aus in den arabischen Raum ausstrahlt, sondern um Schadensbegrenzung. Zumindest das scheint Bush verstanden zu haben. In seiner Grundsatzrede zum Irak, gehalten zur besten Sendezeit, verkniff er sich naive Zuversicht und Schönrednerei. Er sprach von Fehlern, die gemacht wurden, und für die er die Verantwortung übernehme. Sein Ton war defensiv, er wirkte fahrig, unsicher, ja verstört.

So kannte man ihn bisher nicht. Er, der nach einem denkbar knappen Gerichtsurteil im Anschluss an eine denkbar knappe Wahl Präsident geworden war und dann wie ein Monarch regierte, mit zwei Kriegen und mehreren drastischen Steuersenkungen, er, der Kompromisse hasst und das Rechthaben liebt, er, der nie kleinlaut war oder um Verzeihung bat. Dieser Mann hat offenbar eingesehen, dass seine Präsidentschaft auf ewig mit dem Irakkrieg verbunden bleibt. Nur ein Letztes bleibt ihm noch: Den Abzug der Truppen vorzubereiten, ohne sich vorwerfen lassen zu müssen, nicht alles unternommen zu haben. Daher will er die Zahl der Soldaten erhöhen, verbunden mit der deutlichen Drohung an die Regierung in Bagdad, endlich selbst die Sicherheit im Land zu gewährleisten.

Er übernehme die volle Verantwortung, hat Bush versprochen. Das war sein wichtigster Satz. Weder schiebt er die Schuld nachträglich auf die Strategie des Pentagon, noch kann er künftige Entwicklungen den erstarkenden Demokraten in die Schuhe schieben oder gar der angeblich so unfähigen neuen irakischen Führung. Ja, nach Kriegsbeginn wurden Fehler gemacht, doch der Hauptfehler war der Krieg selbst. Nützen zusätzliche Truppen etwas? Das weiß keiner, auch Bush nicht. Was aber jeder weiß, bis hin zu Laura und Barney: Dieses Drama ist sein Vermächtnis. Er allein muss dafür geradestehen. Er allein muss sich dem Vorwurf aussetzen, den wohl fatalsten Krieg in der amerikanischen Geschichte angeordnet zu haben.

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