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US-Präsident Donald Trump am Samstag beim Gottesdienst in der National Cathedral.

© imago/UPI Photo

Neuer US-Präsident: Was Medien über Trump berichten

Der neue Präsident bedankt sich für die Bewertung seiner Antrittsrede. Hier ein Überblick darüber, wie internationale Medien berichtet haben.

Von Andreas Oswald

Der neue US-Präsident Donald Trump hat seine erste Nacht im Weißen Haus anscheinend nicht zum Ausschlafen genutzt. Erst gegen Mitternacht waren er und First Lady Melania nach Auftritten auf drei offiziellen Vereidigungsbällen am Freitag in ihr neues Domizil an der Pennsylvania Avenue in Washington zurückgekehrt. Dann war es noch nicht einmal sieben Uhr am Samstagmorgen, als sich Donald Trump zurückmeldete – natürlich via Twitter, seinem Lieblingskommunikationsmittel.

„Ein fantastischer Tag und Abend in Washington“, schrieb er und bedankte sich beim konservativen TV-Sender Fox News „und so vielen anderen“ Medien für die „großartigen Bewertungen“ seiner Antrittsrede vom Freitag – „großartig“ in Großbuchstaben.

Europäische Medien gaben das Lob keineswegs zurück. „Amerika zuerst“ – diese Ansage in der Antrittsrede bestimmte die Schlagzeilen und Kommentare. Die Stimmung schwankt zwischen Sorge und Entsetzen. Das gilt fast einhellig sowohl für linksliberale als auch für konservative Zeitungen, mit Ausnahme in Großbritannien.

Die spanische Zeitung „El País“ schreibt: „Wir wussten bereits, dass Trump nicht wie ein Präsident reden kann. Und wir bezweifeln, dass er in der Lage sein wird, wie einer zu handeln. Jetzt gilt es, innerhalb und außerhalb der USA wachsam zu bleiben.“ Die niederländischen Zeitung „de Volkskrant“ glaubt nicht, dass Trump seinen Kurs durchhalten kann: „In letzter Zeit hat man oft gehört, dass wir abwarten sollen, was Präsident Trump tatsächlich tun wird und dass vielleicht alles nicht so schlimm kommen wird. Er mag ja ein unintelligenter, intoleranter, egozentrischer, angeberischer, autoritärer und angsteinflößender Schreihals sein, der alles nur in Geld bemisst. Doch vielleicht schmelzen all diese Eigenschaften dahin wie Schnee in der Sonne, wo er doch nun ins Weiße Haus einzieht, und er entpuppt sich als ein großartiger Präsident mit einem offenem Geist und einem warmem Herzen. Das wäre eine Möglichkeit. Aber es ist unwahrscheinlich. Er weckte beim Volk hohe Erwartungen und steckte damit seinen Kopf bereits in der ersten halben Stunde seiner Präsidentschaft in die Schlinge.“

"Als hätte er Venezuela übernommen"

Der Londoner „Guardian“ schreibt: „2017 hat Trump der Welt klargemacht, dass sie sehr besorgt sein sollte. Trumps Rede war abwechselnd bitter, angeberisch und banal. Sie kochte über vor Groll und Verachtung für die Politik sowie die Gewaltenteilung im US-System.“ Die „Financial Times“ äußert Zweifel: „Wenn Trump die existierende Ordnung abschaffen will, dann ist es seine Pflicht als Führer einer Supermacht in einer unwiderruflich von gegenseitiger Abhängigkeit geprägten Welt, ein ebenso starkes anderes System an ihrer Stelle zu errichten.“ Die Londoner „Times“ ist optimistischer: „Diese Präsidentschaft kann Erfolg haben, aber nur, wenn Trump seine öffentliche Rhetorik mit Flexibilität und einem gewissen Maß an Bescheidenheit verbindet.“ Geradezu euphorisch war der konservative „Daily Telegraph“, der sich zuvor vehement für einen Brexit ausgesprochen hatte und seine Sympathien für Trump nicht versteckt: „Wir müssen hoffen, dass Präsident Trump seine revolutionären Ziele erreichen kann.“

Die konservative „Neue Zürcher Zeitung“ teilt diese Ansicht: „Macht Trump seine Ankündigungen wahr und nimmt Kurs auf eine Selbstisolation, wird er Amerika nicht „wieder groß“ machen, sondern schwächen.“ Die belgische Zeitung „De Tijd“ schreibt: „Wer glaubte, Amerika würde die alte Friedensordnung ,Pax Americana’ fortsetzen, der kann dies nun vergessen. Damit Amerika wieder groß wird, zieht es sich auf sich selbst zurück.“

Die französische Regionalzeitung Ouest-France sorgt sich um Europa: „Für Donald Trump zählt die Europäische Union nicht. Er hofft sogar, dass andere Länder dem britischen Beispiel folgen werden.“ Die liberale dänische Tageszeitung „Politiken“ stellt fest: „Donald Trump ist das Symbol eines neuen Anfangs, dessen Ende viele fürchten.“

Die rechtsliberale dänische Tageszeitung „Jyllands-Posten“ findet: „Wenn man Trump zugehört hat, könnte man den Eindruck bekommen, die USA seien ein Entwicklungsland. Es könnte ein rhetorischer Kniff sein, den Anschein zu erwecken, dass das Land am Abgrund steht, denn von dort aus kann es nur aufwärts gehen. Und es sind nicht zuletzt die Millionen Amerikaner, die Jahrzehnte lang keinen Aufschwung gemerkt haben, die Trump ins Weiße Haus gebracht haben. Aber er muss bald liefern, wenn sich keine Enttäuschung einstellen soll.“ Die konservative griechische Zeitung „Kathimerini“ erinnert: „Bislang haben die amerikanischen Präsidenten bei ihrer ersten Rede die Einigkeit beschworen und versucht das Volk zu vereinigen. Trump setzte dagegen seinen spaltenden und Rache suchenden Stil fort“.

In den USA teilen sich die Medien in zwei Lager. „Trump zeichnet ein dunkles Amerika, das nur er retten kann“, schreibt „Politico“, „Präsident Trump übernimmt Amt und schwört, Wohlstand wiederherzustellen und für das Land zu kämpfen“, jubelt der konservative Sender „Fox News“. Die rechte US-Webseite „Breitbart News“ überschlägt sich geradezu und verkündet martialisch eine „Ära des Löwen“: „Der Löwe wird nicht immer geliebt, aber er wird immer respektiert, sogar gefürchtet.“

"Gruseliger Alptraum"

Die „Washington Post“ ist deutlich weniger begeistert: „Donald Trumps Amtseinführung war ein gruseliger Alptraum.“ Die „New York Times“ pflichtet dem bei: „Präsident Trump präsentierte ein derart verwirrend ahistorisches Bild von Amerika, dass er mehr Zweifel als Hoffnung für seine Präsidentschaft schürt.“

Die russische Zeitung „Moskowski Komsomolez“ fühlt sich an revolutionäre Zeiten erinnert: „Es hat in Washington niemand versucht, den Kongress oder das Weiße Haus zu stürmen und jemanden vom „alten Regime“ an Laternenmasten zu hängen, wie es in Russland vor einem Jahrhundert der Fall war. Aber die Selbstwahrnehmung der amerikanischen Elite – oder zumindest des liberalen Teils – ist nicht viel anders. So hat sich vor 100 Jahren auch die russische Bourgeoisie gefühlt.“

Die liberale japanische Zeitung „Asahi Shimbun“ geht auf die Rolle der US-Verbündeten ein: „Damit Trumps Amerika sich nicht in Isolationspolitik einschließt, ist es jetzt gerade die Zeit für die Alliierten und befreundeten Länder, sich einzubringen.“ Der „Sydney Morning Herald“ schreibt: „Trump befehligt nun die größte wirtschaftliche und militärische Macht der Welt. Aber er hörte sich an, als habe er gerade Venezuela übernommen. Wie sagen die Flugbegleiter zu den Passagieren: „Bitte bleiben Sie auf ihren Plätzen. Schnallen Sie sich an. Es kommen Turbulenzen auf uns zu.“ (mit dpa/AFP)

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