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Neuerungen: Mehr Gerechtigkeit bei Scheidung

Am 1. September treten mehrere grundlegende Neuerungen im Scheidungsrecht in Kraft, die mehr Gerechtigkeit und mehr Transparenz in die Trennung von Ehepaaren bringen sollen. Vor allem aber soll den Interessen der Kinder Rechnung getragen werden.

Von Andreas Oswald

Historisch ist dieser Tag deshalb, weil es ab Dienstag eine neue Institution geben wird: das sogenannte Große Familiengericht. Darin werden künftig alle Entscheidungen zusammengeführt, die im Zusammenhang mit einer Scheidung anfallen. Bisher waren für einen Teil der Belange auch Zivilgerichte zuständig, diese Trennung gibt es nicht mehr.

Wer davon profitiert

Angesichts der modernen Lebenswelt, in der Frauen wie Männer erwerbstätig sind, kann nicht pauschal gesagt werden, wer profitiert. In vielen Fällen werden aber Frauen, die sich lange um Haushalt und Kinder gekümmert haben, einen Vorteil haben. „Die Reform schafft Gerechtigkeit für Frauen“, sagt denn auch Ulrike Börger, Sprecherin der Bundesrechtsanwaltskammer.


Umgang mit Kindern

Wer mit Sicherheit profitiert, sind die Kinder. Das neue Große Familiengericht ist verpflichtet, in Streitfragen, die den Umgang der Partner mit dem Kind betreffen, innerhalb von einem Monat einen Gerichtstermin anzuberaumen mit dem Ziel, diese Fragen direkt zu klären. Und das lange bevor über die eigentliche Scheidung entschieden wird. Damit wird verhindert, dass in der langen Phase bis zur endgültigen Scheidung Unklarheit herrscht, wer das Kind hat und wer wann mit ihm Umgang haben darf. Damit wird auch verhindert, dass es in der langen Trennungs- und Scheidungsphase zu einer Entfremdung eines Partners zum Kind kommt. „Damit werden die konkreten Lebensverhältnisse schnell geklärt“, sagt die Berliner Familienrechtsexpertin Alexandra Gosemärker.

Vermögen

Bei einer Scheidung wird der während der Ehe erwirtschaftete Zugewinn des Vermögens geteilt. Bei der Berechnung dieses Zugewinns konnte der Bessergestellte bisher mit Tricks dafür sorgen, dass der Partner nichts bekommt. Entweder machte er zu Beginn der Ehe keine oder falsche Angaben über sein Vermögen, oder er schaffte im Trennungsjahr den Vermögenszugewinn beiseite. Zum Zeitpunkt der Scheidung war der Zugewinn dann weg. Das Bankgeheimnis in der Schweiz nutzte keineswegs nur Steuerhinterziehern, sondern auch Vermögenden, die ihr Kapital der Ehefrau vorenthalten wollten. Solches Vorgehen wird jetzt deutlich schwieriger. Das Familiengericht kann jetzt von Amts wegen bei Arbeitgebern und beim Finanzamt alle Unterlagen anfordern, die es braucht, um die Verhältnisse eines Ehepartners zu überprüfen. Bisher ging das nur in Bezug auf Unterhaltsansprüche von Kindern, nicht aber bei denen der Ehepartner.

Nach Angaben Alexandra Gosemärkers ist vor allem eine Regelung bahnbrechend: Das Vermögen wird zum Beginn des Trennungsjahres berechnet, nicht zum Zeitpunkt der Scheidung. Der Vermögende kann seine Verhältnisse also nicht mehr im Laufe des Trennungsjahres manipulieren. Der Partner behält seine Ansprüche, die zu Beginn der Trennung festgestellt wurden. Gosemärker rät allen, unmittelbar nach der Trennung Auskunft über das Vermögen zu verlangen. Versucht ein Betroffener, die Offenlegung seiner Verhältnisse zu verzögern, kann das Familiengericht eingreifen.

Schulden

Eine bedeutende Neuerung kommt für diejenigen Paare hinzu, von denen einer Schulden mit in die Ehe gebracht hat. Bisher wurde beim Zugewinnausgleich nur berücksichtigt, was an positivem Vermögen da ist. Künftig wird der alte Schuldenstand berücksichtigt. Beispiel: Ein Partner bringt 100 000 Euro Schulden mit in die Ehe, der andere nichts. Zum Zeitpunkt der Trennung liegt ein Vermögen von 100 000 Euro vor. Der Zugewinn beträgt wegen des Abtragens der Schulden rechnerisch also 200 000 Euro, das wären 100 000 pro Person. Der, der Schulden hatte, muss diese von seinem Zugewinnanteil abziehen und bekäme in diesem Fall nichts. Diese Regelung schafft Gerechtigkeit für denjenigen, der schuldenfrei in die Ehe ging.

Rente

Beim Versorgungsausgleich tritt eine wesentliche Änderung in Kraft. Der ausgleichsberechtigte Partner erhält bei der sogenannten internen Teilung zum Zeitpunkt der Scheidung einen eigenen Anspruch beim Versorgungsträger des ausgleichspflichtigen Partners. Oder er kann sich die Summe auf ein anderes Versorgungskonto auszahlen lassen. Bisher wurde bei privaten und betrieblichen Renten der Anspruch des Rentenbeziehers erst gekürzt, wenn der ausgleichsberechtigte Partner ebenfalls in Rente ging. 

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