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Babyklappe

© ddp

Neugeborene: Sind Babyklappen einfach zu bedienen?

Die Kritik nach dem Tod eines Säuglings vor einer Babyklappe in Hannover wirft Fragen auf. Wie leicht lassen sich die rettenden Klappen bedienen?

„Mindestens den Anfangsverdacht einer fahrlässigen Tötung“ sieht der Berliner Jurist Alfred Wolf beim Betreiber der Babyklappe in Hannover. Dort wurde Anfang des Jahres ein Kind tot vor der Klappe gefunden. Der Junge starb an Hunger und Kälte. Wie ein Gutachten mittlerweile ergab, ließ sich die Tür der Babyklappe nicht wie angegeben öffnen. Babyklappen wurden im April 2000 in Deutschland eingeführt, um Frauen eine sichere Aussetzung ihrer Kinder zu ermöglichen. Gerade vor diesem Hintergrund hält Wolf den Vorfall in Hannover für skandalös: „Wer Frauen eine Babyklappe anbietet, muss auch sicherstellen, dass sie funktioniert“, sagte der Jurist dem Tagesspiegel.

Wolf, der als Kritiker dieser Einrichtungen gilt, forderte, strafrechtliche Ermittlungen gegen den Träger aufzunehmen. Dafür sieht die Staatsanwaltschaft in Hannover aber noch keinen Grund: „Wir müssen erst einmal herausfinden, warum diese Babyklappe nicht funktioniert hat“, erklärte Sprecherin Kathrin Söfker. Solange das nicht klar sei, lasse sich auch zur Verantwortlichkeit des Betreibers noch nichts sagen. Ob die Tür wegen der frostigen Temperaturen verzogen war oder ob Konstruktionsfehler die Ursache für den Defekt sind, soll nun durch weitere Untersuchungen geprüft werden.

Träger der Babyklappe ist das Netzwerk Mirjam, das unter dem Dach der Evangelischen Landeskirche arbeitet. Dort ist man entsetzt über die Vorstellung, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Tod des Kindes und der defekten Babyklappe geben könnte: „Falls die Person, die das Kind dort abgelegt hat, die Klappe nicht öffnen konnte, wäre das eine Tragödie“, erklärte Landesbischöfin Margot Käßmann. Sie will sich aber offenbar den Vorwurf nicht vorhalten lassen, die Klappe sei nur schwer zu bedienen: „Ich selbst und viele andere, unter anderem Hebammen, haben ausprobiert, ob der Mechanismus leicht genug funktioniert“, schrieb Käßmann in einer ersten Erklärung. „Es geht absolut einfach.“

Ob der Mechanismus tatsächlich so problemlos funktioniert, werden die weiteren Untersuchungen klären. Worin die Ursache des Defekts liegen kann, kann auch die zuständige Wartungsfirma nicht sagen: „Wir haben im August die Alarmanlage repariert“, sagte Geschäftsführer Michael Kettler. Bei dieser Reparatur sei auch die Anlage gewartet worden. Über den Öffnungsmechanismus oder mögliche konstruktionsbedingte Mängel kann Kettler, der auf Alarmanlagen spezialisiert ist, nichts sagen. Die Babyklappe wurde nicht von seiner Firma konstruiert.

Es gibt rund 80 Babyklappen in Deutschland, darunter verschiedene Modelle mit Schiebetüren oder Klappmechanismen. Ein Hamburger Verein hat sein Babyklappenmodell – die Babyklappe wird mit der Hand nach außen geöffnet – im April 2000 als Erfindung beim Deutschen Marken- und Patentamt angemeldet. Gesetzliche Vorschriften für die Herstellung und Installation von Babyklappen existieren nicht. Die Wärmebettchen gelten auch nicht als überwachungsbedürftige Anlagen, technische Sicherheitskontrollen durch Überwachungsstellen wie den Tüv sind nicht vorgeschrieben. Letztendlich liegt es im Ermessen der Betreiber, wie gründlich sie ihre Anlagen warten. Das sei in jeder Stadt anders, sagte Kettler. In Hamburg sei es üblich, die Funktionsfähigkeit der Babyklappen täglich zu prüfen.

In Hannover will man Konsequenzen ziehen und „verbessern, was zu verbessern“ ist. Mit Piktogrammen, so Käßmann, sollen etwaige Sprachprobleme ausgeschlossen werden. Die Bischöfin wird an diesem Freitag eine Trauerfeier für das gestorbene Baby abhalten. Anschließend soll der Junge, dem der Name Mose gegeben wurde, beigesetzt werden.

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