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Jaroslaw Kaczynski

© dpa

Neuwahlen in Polen: Warschauer Intrigen

Der wegen Korruptionsvorwürfen gefeuerte Vizepremier Lepper versucht offenbar alles, um einen Bruch des Regierungsbündnisses in Polen zu provozieren. Erst kürzlich bediente er sich der Gerüchte über Jaroslaw Kaczynski und seine mögliche Homosexualität. Dieser ist bemüht, Neuwahlen zu verzögern.

Andrzej Lepper ist Hobbyboxer. Er weiß also, dass Tiefschläge verboten sind. Doch der wegen Korruptionsvorwürfen gefeuerte polnische Vizepremier ist schwer angeschlagen und in dieser Situation tut er alles, um sich über die Runden zu retten. Ziel der jüngsten Attacke war Jaroslaw Kaczynski. In einem Radiointerview angesprochen auf eine Sexaffäre, in die Lepper verwickelt sein soll, raunte er, der Premier sollte sich „zum Thema Sex am besten nicht äußern, weil er das Gefühl, dauerhaft mit einer Frau zusammen zu sein, nicht kennt“. Dann fügte Lepper noch hinzu, dass er über den Regierungschef so einiges erzählen könne. Jeder wusste, was gemeint war. Seit Jahren machen Gerüchte über die mögliche Homosexualität Kaczynskis die Runde. Der Junggeselle wohnt mit seiner Katze bei seiner Mutter, die auch seine Bankgeschäfte regelt, weil der Premier kein eigenes Konto besitzt.

Doch damit nicht genug. Lepper hat am Freitag wissen lassen, dass seine Partei inzwischen gegen den Einsatz polnischer Truppen im Irak und gegen den US-Raketenschutzschild sei – beides zentrale politische Projekte des Premiers. Gemunkelt wird, dass der geschasste Politiker ein hinterhältiges Spiel treibt. Lepper provoziere den Bruch des Regierungsbündnisses, um sich so wenigstens an der Spitze seiner Partei Samoobrona zu halten. Das ist ein gewagtes Manöver, dem sich aber auch Roman Giertych angeschlossen hat. Denn der Bildungsminister und Chef der nationalkonservativen „Liga polnischer Familien“ hat mit dem Premier einen Strauß auszufechten, weil Kaczynski zentrale Punkte einer Bildungsreform einfach für ungültig erklärt hat und damit den eitlen Giertych vor aller Öffentlichkeit schwer demütigte. Giertych arbeitet nun mit Lepper zusammen, und beide haben eine neue Partei aus der Taufe gehoben, um die Chancen bei einer Wahl für sich und seine kleine Partei zu erhöhen.

Premier Kaczynski lässt seine beiden kleinen Partner, von denen keiner den endgültigen Abgang aus der Koalition wagt, am langen Arm verhungern. Immer wieder schiebt er die Entscheidung über ein Ende der Regierung auf die lange Bank. Inzwischen heißt es, Kaczynski werde erst Ende August Neuwahlen ausrufen. Auch die anderen Oppositionsparteien möchten mit dem Politrabauken Lepper nichts zu tun haben.

Knut Krohn[Warschau]

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