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News-of-the-World-Skandal: Müssen sich auch deutsche Medien kritisch hinterfragen?

Der Skandal um die britische„News of the World“ hat eine heftige Debatte über die Methoden des Boulevardjournalismus ausgelöst.

In Gegensatz zu Großbritannien gibt es in Deutschland nur eine überregionale Boulevardzeitung: Die „Bild“ aus dem Axel Springer Verlag. Täglich verkauft sie rund 2,9 Millionen Exemplare, Chefredakteur ist seit mehr als zehn Jahren Kai Diekmann. Nach seiner Ansicht sind die Methoden der „News of the World“, die Prominente ausspioniert, Politiker geschmiert und Mailboxen von Verbrechensopfern abgehört haben soll und deshalb am Sonntag zum letzten Mal erscheint, nicht gängig im Boulevardjournalismus:

„Hier geht es nicht um guten oder schlechten Journalismus, sondern um kriminelle Handlungen, die durch nichts zu rechtfertigen sind. Dafür ein ganzes Unternehmen oder gar eine ganze Branche verantwortlich zu machen, ist völlig schwachsinnig – gegen Kriminelle ist keine Organisation gefeit.“

Diekmann ist seit 2011 Mitglied im Aufsichtsrat der britischen Zeitung „The Times“, die wie die „NOTW“ in Rupert Murdochs Verlag News International erscheint. „Dass Murdoch eine so erfolgreiche Zeitung wie die ,News of the World’ einstellt, ist ein gleichwohl brutaler wie konsequenter Schritt, um die Glaubwürdigkeit der Murdoch-Medien wiederherzustellen“, sagt Diekmann. Die frühere Chefredakteurin, Rebekah Brooks hält er für „eine hervorragende Journalistin, der ich glaube, wenn sie sagt, von den kriminellen Methoden in der Redaktion von ,News of the World’ nichts gewusst zu haben.“

Konsequenzen für den deutschen Boulevardjournalismus wird der Skandal nach Ansicht von Diekmann nicht haben. Das deutsche Presserecht sei im Vergleich zum angelsächsischen Presserecht sehr viel enger gefasst: „Generell gilt für den Boulevardjournalismus, dass viel gründlicher recherchiert werden muss. Denn gerade wenn Themen zugespitzt werden, müssen die Fakten stimmen.“

Die Methoden, mit denen Boulevardjournalisten an ihre Fakten kommen, sind jedoch auch in Deutschland umstritten. Die „Bunte“ aus dem Burda-Verlag war im Februar 2010 in den Fokus geraten. Der „Stern“ hatte berichtet, dass die Berliner Agentur CMK mit unlauteren Methoden das Privatleben von Spitzenpolitikern ausspioniert beziehungsweise dies geplant haben soll. Die „Bunte“ habe den Rechercheauftrag gegeben. Unter anderem soll der Briefkasten von Michelle Müntefering manipuliert worden sein. Sowohl die Agentur als auch die „Bunte“ wiesen die Schuld von sich. Die „Bunte“ gewann mit einer Klage vorm Hamburger Landgericht gegen den „Stern“, der demnach nicht mehr den Eindruck erwecken darf, dass die „Bunte“ von den angeblich unlauteren Methoden der Agentur gewusst habe. Der Kern des „Stern“-Artikels blieb jedoch vor Gericht unbestritten.

Auch die „Bild“-Zeitung musste sich kürzlich gegen ähnlich geartete Vorwürfe wehren. So beschuldigte Schauspieler Ottfried Fischer einen ehemaligen „Bild“-Reporter, ihn mit Sexvideos erpresst zu haben. Zwar wurde der Reporter Ende Mai in zweiter Instanz vor dem Münchner Landgericht freigesprochen, Fischer behält sich aber vor, in Revision zu gehen. „Die Pressefreiheit darf nicht zur Erpresserfreiheit werden“, sagte der Schauspieler bei der Urteilsverkündung. Diekmann betont hingegen: „Das Urteil stellt eindeutig fest: Eine Erpressung oder gar nur den Versuch hat es nie gegeben.“ Zum Vorwurf, dass die „Bild“ Kampagnen wie für den inzwischen zurückgetretenen CSU-Politiker Karl-Theodor zu Guttenberg betreibt, sagt Diekmann: „Eine klare Meinung zu haben, ist die Aufgabe einer Zeitung – auch wenn sie manchmal provoziert und Diskussionen auslöst.“

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